Ein Aufruf

Ein Aufruf
Bleiben Sie vernünftig in der Zeit zunehmenden Irrsinns Die Gesellschaft wird gespalten wie nie zuvor. Eine brutalisierte Sprache wird gesprochen, Begriffe aus dem Wörterbuch des Unmenschen schleichen sich ein, von angeblich klugen Köpfen verbreitet. – Setzen wir dagegen auf Vernunft und Mitgefühl. Wenn das so stimmt, was man am Wochenende und an den Tagen davor so hören und lesen konnte, dann lebt ein gefährlicher Feind unter uns. Einer? – Millionen. Es sollen sogar 15 Millionen sein. Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger fordert, sie sollen im Krankheitsfall keine Lohnfortzahlung mehr erhalten. Der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft Michael Hüther will Ungeimpften die Krankenversicherung drastisch verteuern, etwa durch höhere Versicherungsbeiträge oder Selbstbehalte.

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow will sie nicht mehr auf den Intensivstationen des Landes behandeln: Er stimmt damit einer Forderung des Bonner „Verhaltensökonomen“ Armin Falk zu, der Ungeimpften „Eigennutz“ vorwirft. Diese hässlichen Wörter werden ergänzt durch „Sozialschädlinge“ bis hin zu „Impfen macht frei“. Das allerdings ist Volksverhetzung, wie ein Gericht feststellte, denn „Arbeit macht frei“ stand über dem Tor des Konzentrationslagers Dachau.

Davon werden sich die Dulgers und Ramelows natürlich distanzieren, so haben sie es nicht gemeint. Jemanden finanziell zu bestrafen oder ihm eine medizinische Behandlung zu verweigern, sei ja etwas ganz anderes als die Einrichtung von KZs. So weit denken sicherlich auch nicht die feinen Herren Verhaltensökonomen, die sich auf die begrifflich schiefe Bahn begeben – und ganz oben beginnen, herab zu rutschen. Jeden Tag ist die Verschärfung des Tons zu beobachten. Ausschließen kommt vor Einschließen, und auch diese Grenze droht bald überschritten zu werden.
Über den Verderb der Sprache

Aber der „Verderb der Sprache ist der Verderb des Menschen. Seien wir auf der Hut“, schreibt Dolf Sternberger in seinem großartigen Werk „Aus dem Wörterbuch des Unmenschen“. Nicht das Virus, aber unser Umgang damit ist dabei, unsere Gesellschaft zu zerstören. Die Unfähigkeit der Regierung, angemessen zu reagieren; ihr Versagen, eine Strategie zu entwickeln, die länger tragfähig ist als nur vier Wochen – das führt zu Beschimpfung einer Gruppe, die nicht blind folgt, sondern Fragen stellt und vielleicht für sich anders beantwortet als die Lautsprecher, die am Ende doch nur ihre schmierigen Geschäfte mit Masken und Immobilien betreiben. Und davon ausgehend greift die verbale Wut um sich. Vielleicht nur wiederum erklärbar durch Gedankenlosigkeit, oder durch die Wut, die entsteht, wenn ein als sicher geltender Plan nicht funktioniert und die eigene Selbstgewissheit in Frage stellt. Auch in den Medien, dem Spielplatz der Selbstgewissen. Denn ja, schreckliche Wörter höre ich auch von durchaus sensiblen Journalisten und Politikern; solchen, die weit über jedem Verdacht stehen, sich aus dem Wörterbuch der Unmenschen zu bedienen. Bei der Frage nach der Impfung aber scheinen die Fähigkeit zur Differenzierung und die Künste des Abwägens ausgesetzt zu sein.

Warum fragen wir uns nicht, ob viele Nichtgeimpfte vielleicht sogar unsere Unterstützung, unser Verständnis oder sogar Mitgefühl verdient hätten? Es gibt viele Impfverbote: für Menschen etwa, die Autoimmunerkrankungen haben, Herzschäden, Unverträglichkeiten und andere Maladien, die auf der langen Liste der Unverträglichkeiten aufgeführt werden müssen. Wie gehen wir mit den Ängsten um, dass es doch Risiken und Nebenwirkungen geben könnte? Darf man solche Ängste einfach als „irrational“ verwerfen wie der „Verhaltensökonom“? (Worüber forscht er eigentlich noch, wenn er doch die Ergebnisse menschlichen Verhaltens bereits so genau kennt?).

(…..)

Sie kennen diesen seltsamen Gruß: „Bleiben Sie gesund“. Ich wünsche Ihnen für diese Woche: „Bleiben Sie bei Verstand“. Auch wenn man den leicht verlieren könnte angesichts dieser dröhnenden Wörter, dieses Raunens und Bestrafen-Wollens sowie der ganzen Virus-Ausmerzerei, die das Virus völlig unberührt lassen.

Egal, ob geimpft oder ungeimpft: Bleiben wir vernünftig, wägen wir ab und bleiben wir freundlich und verständig, auch gegenüber Menschen mit anderem Status, denn der ist relativ: Der Übergang von „geimpft“ zu „ungeimpft“ kommt schneller als erwartet.

weiterlesen > https://www.tichyseinblick.de/tichys-einblick/gespaltene-gesellschaft-vernunft-mitgefuehl-geimpft-ungeimpft/

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