
Viele Menschen sind mit der aktuellen Situation unzufrieden, verharren jedoch in Untätigkeit. Diese wird oft mit Sätzen begründet wie „Was kann ich denn schon tun?“, „Das ändert doch nichts.“ oder „Und, haben Eure Aktionen etwas gebracht?“ (und dabei schwingt die Unterstellung mit, dass die Aktionen erfolglos wären). Der Autor kann nachvollziehen, wie es zu dieser Einstellung kommt, hält sie jedoch für unangebracht. Warum? Das beschreibt der nachfolgende Text.
„Was kann ich schon tun?“ / „Ich bin doch nur ein kleines Licht.“
Im Internet kursiert ein Video (Quelle (1)), bei dem ein Mensch an einem Bahnsteig mit einem Bein zwischen die Bahnsteigkante und den Zug gerät und eingeklemmt ist. Mit der Einstellung „Was kann ich schon tun“ wäre der Mensch möglicherweise stundenlang eingeklemmt gewesen, bis die Feuerwehr vielleicht mit einem Schwerlastkran den Zug angehoben und den Menschen befreit hätte. Aber es kommt anders. Ein Mensch erkennt die Situation und beschließt für sich „So kann es nicht bleiben, es muss etwas geschehen.“ Er wird aktiv, noch nicht wissend, wie sich diese Situation entwickeln wird, noch keine Lösung habend. Er ruft eilig einen weiteren Menschen zur Hilfe. Weitere kommen hinzu. Irgendwann im Verlauf der Aktion hat ein einzelner Mensch eine Idee und wird aktiv. Er stellt die Idee, den Zug wegzudrücken, vor, gewinnt Befürworter und Mitstreiter und irgendwann versuchen die Menschen, den Zug von der Bahnsteigkante wegzudrücken. Auf den ersten Blick eine völlig abwegige Idee, scheinbar zum Scheitern verurteilt. Und es gelingt auch nicht auf anhieb. Aber immer mehr Menschen lassen sich für diese Idee gewinnen und steigen ein, werden aktiv, machen mit. Immer mehr Menschen erkennen die Situation und beginnen gegen den Waggon zu drücken. Und irgendwann geschieht es. Es sind so viele Menschen gemeinsam dabei und drücken gegen den Waggon, dass dieser sich minimal aber ausreichend neigt und der Eingeklemmte sein Bein herausziehen kann! Es ist vollbracht!
Diese reale Begebenheit lehrt uns sehr vieles. Was kann der Einzelne bewegen? Alleine nicht viel, in Gemeinschaft alles! Es braucht dazu den Einzelnen, der anfängt! Es braucht dazu mutige weitere Einzelne, die sich jeder für sich der Gemeinschaft anschließen und mitmachen. Mutige Menschen, die das Risiko des Scheiterns auf sich nehmen, die sich auch von anfänglichen Misserfolgen nicht abhalten lassen. Menschen, die spöttische Kommentare ernten, die sich darüber lustig machen wie vermeintlich kleine Zwerge mit wenig Kraft einen schweren Riesen wie diesen Zug bewegen wollen. Menschen, die diese Kommentare einfach ignorieren, aushalten, an sich abprallen lassen. Jeder Einzelne der an der Rettung beteiligten Menschen hat sich aktiv dazu entschieden, etwas zu tun. Jedem dürfte unterbewusst sofort klar gewesen sein, dass er alleine nicht das Problem beseitigen kann. Und alle haben daran geglaubt es gemeinsam zu schaffen – und wurden dafür belohnt. Alle beteiligten Menschen haben Verantwortung übernommen und sich eingebracht.
Jeder Mensch entscheidet aktiv, ob er versucht, eine Situation aktiv zu verändern oder sie passiv hinzunehmen.
Wir haben gesehen, dass es keinen Grund gibt, passiv zu bleiben. Auch scheinbar aussichtslose Situationen können gut enden.
Wir können der Initiator sein, wir können die Unterstützer sein, ganz egal, Hauptsache wir übernehmen Verantwortung, arbeiten an dem gemeinsamen Ziel und vertrauen darauf, dass wir es gemeinsam erreichen können.
„Das ändert doch nichts“ / „Haben Eure Aktionen etwas gebracht?“
Auch in unserem Beispiel mit dem eingeklemmten Bein hätte man sich vorstellen können, dass Menschen auf die Bitte, mitzuhelfen und gemeinsam gegen den Zug zu drücken, mit „Das ändert doch nichts“ antworten und weiter gehen. Oder sie sagen, „Eure Aktionen haben bisher auch nichts gebracht“ und lehnen eine Unterstützung ab. Sicherlich, wenn erst eine Hand voll Menschen da ist, die gegen den Zug drückt, dann reicht das nicht aus und es sieht aus, als ob es „nichts bringt“. Und auch eine einzelne weitere Person wird den Zug meistens nicht umwerfen. Aus kurzfristiger Sicht alles richtig. Aus langfristiger Sicht komplett falsch! Denn mit dieser Einstellung, die Unterstützung zu unterlassen, nur weil bisher das Ziel noch nicht erreicht wurde und durch den eigenen Einsatz auch weiterhin nicht unmittelbar erreicht wird, wird das sehr wohl erreichbare Ziel sabotiert und eben genau dadurch unerreichbar. Fatal ist, dass sich damit derjenige, der das Ziel sabotiert hat, noch bestätigt fühlt, damit angeben kann und die Sabotage noch weiter vorantreibt.
Was kann der Einzelne bewegen? Alleine nicht viel, in Gemeinschaft alles! Es braucht dazu den mutigen Einzelnen, der anfängt! Und es braucht dazu mutige weitere Menschen, die sich anschließen.
Jeder Mensch entscheidet aktiv, ob er versucht, eine Situation aktiv zu verändern oder sie passiv hinzunehmen.
Wir haben gesehen, dass es keinen Grund gibt, passiv zu bleiben. Auch scheinbar aussichtslose Situationen können gut enden.
Wir können der Initiator sein, wir können die Unterstützer sein, ganz egal, Hauptsache wir übernehmen Verantwortung, arbeiten an dem gemeinsamen Ziel und vertrauen darauf, dass wir es gemeinsam erreichen können.
„Haben Eure Aktionen etwas gebracht?“
Unser Beispiel mit dem Zug hat einen großen Vorteil, die Situation ist klar abgegrenzt, die Lösungsidee findet schnell Unterstützer, das Risiko für die Unterstützer ist gering und das Ergebnis des Versuchs kann sofort ermittelt werden. Die meisten Herausforderungen unserer Zeit sind nicht so einfach gestrickt. Unsere Gesellschaft hat sich über Jahrhunderte/Jahrtausende entwickelt zu dem, was sie heute ist. Die vor uns liegenden Herausforderungen sind komplex, oft nicht klar in den Ursachen und Folgen erkennbar, es sind sehr viele Menschen beteiligt. Starke Machtkonzentration bringt zusätzliche Herausforderungen mit sich. Dies kann zu Ohnmachtsgefühlen, Lähmung durch Überwältigung, quasi zu Kapitulation des Einzelnen führen. Doch hilft uns das nicht aus der schlechten Lage. Nur aktive Änderungen werden uns weiter bringen. Daher ist es wichtig, dass wir für Klarheit in unserem Kopf sorgen, für uns selbst herausfinden, was wir als die wichtigsten Herausforderungen unserer Zeit betrachten. Dann können wir zumindest schon einmal gegen etwas Unerwünschtes sein und aktiv werden. Noch besser wäre, wenn wir auch wüssten, wie wir „es gerne hätten“. Dann können wir uns für positive Veränderungen aktiv einsetzen.
Wenn wir uns klar machen, dass die heutigen Probleme extrem komplex sind und sich langfristig gebildet haben, dann können wir auch verstehen, dass eine Änderung vermutlich ebenso komplex und langwierig sein kann. Eine Änderung wird es nur geben, wenn wir beginnen, darauf hin zu arbeiten! Denken Sie an einen Waldbesitzer. Ein Waldbesitzer pflegt seinen Wald. Gefällte Bäume werden durch Setzlinge ersetzt, auf dass diese wachsen und zu neuen großen kräftigen Bäumen werden. Warum tut der Waldbesitzer das? Die Bäume wachsen oft so langsam, dass er selbst mit den neu gepflanzten Bäumen nur noch Arbeit hat, weil er zur Erntereife gar nicht mehr lebt. Er tut es, weil er den Wald liebt! Er tut es, um seiner Familie, seinen Nachkommen, einen gut gepflegten Wald zu hinterlassen, damit auch diese von den Bäumen profitieren können. Er tut es, weil er es für richtig und nachhaltig hält.
Was will ich damit sagen?
Wir benötigen Geduld und Beharrlichkeit! Bei sehr vielen Herausforderungen der aktuellen Zeit wird es keine Quick Wins (schnelle Erfolge) geben. Nicht alles geht einfach und schnell. Wir werden lange, vielleicht auch mühsam an unseren dicken Brettern bohren müssen. Manchmal wird es vielleicht auch mit Risiken für uns behaftet sein oder Rückschläge geben. Oder wir müssen fürchten, dass wir die Früchte unserer Arbeit nicht mehr selbst genießen können.
Machen wir es wie der Waldbesitzer! Wir tun es, weil wir das, wofür wir eintreten, lieben. Weil wir einen gut gepflegten Wald an unsere Nachkommen übergeben wollen. Weil wir es für richtig halten. Und wenn wir selbst noch davon profitieren können, dann ist es um so schöner.
Wofür werden Sie sich ab jetzt in die Riemen legen?
Bild: qtfix0017
PS: Die Rose im Titelbild wurde einer Friedensaktivistin bei einer Aktion für den Frieden überreicht durch einen Passanten, der sich damit für diesen Einsatz für den Frieden bedanken wollte. Auch wenn die Friedensaktion selbst noch keinen Frieden auf der Welt ausgelöst hat, so hat sie doch einen Menschen so sehr erfreut, hat ihm in der schweren, friedensreduzierten, heutigen Zeit einen kleinen Lichtblick verschafft, der ihn zu dieser Geste der Dankbarkeit bewegte. Es sind auch solch‘ kleine Momente der Menschlichkeit, die es wert sind, solche Aktionen zu machen! Niemand weiß, wieviele Friedensaktionen und -initiativen in welcher Art auch immer es benötigt, um Frieden zu erreichen. Nur eines ist klar: Wenn niemand anfängt und sich niemand anschließt, dann wird es ganz sicher nichts. Also packen wir es an. Werden wir aktiv.
Viele kleine Menschen
an vielen kleinen Orten
die viele kleine Dinge tun
können das Gesicht der Welt verändern.
(Afrikanisches Sprichwort)
Lasst es uns einfach tun!
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