Vortrag von Rudolph Bauer beim Kongress „Krieg und Frieden“ der Neuen Gesellschaft für Psychologie am 11. April 2025 in Berlin veröffentlicht in der Neuen Rheinischen Zeitung
Der vollständige Artikel ist zu finden unter http://nrhz.de/flyer//beitrag.php?id=29464.
Wir zitieren:
Walter Benjamins Satz „Wer aber den Frieden will, der rede vom Krieg“ besagt: Wenn wir, die wir hier versammelt sind, uns ernsthaft und wirksam für den Frieden einsetzen, müssen wir über den Krieg sprechen:
- über seine alles zerstörende destruktive Vernichtungsgewalt;
- über die in der Schlacht sich niedermetzelnden Soldaten, die Kriegsgefangenen bei Wasser und Brot, die Befehlshaber bei Sekt und Kaviar;
- über die Ermordung von Millionen und Abermillionen Menschen jeden Alters aus der Zivilbevölkerung als Folge der Kriegshandlungen;
- über Verstümmelte, Vergewaltigte, Verletzte, Missbrauchte, Vertriebene, Traumatisierte und Verhungerte;
- über die transgenerationalen sozialen und psychischen Folgen;
- …
weitere Punkte unter „Wer aber den Frieden will, der rede vom Krieg“
Rudolph Bauer befindet in diesem Text u.a. wie folgt:
Befund 1
Meine Befund Nr. 1 lautet daher: Den Frieden beschwörend zu fordern, verhindert keine Kriege. Oder, um es in aller Deutlichkeit und bewusst provozierend zu formulieren: Gegen Militarismus und kriegerische Barbarei helfen keine ritualisierten Ostermärsche und keine Gedenktage wie der Antikriegstag am 1. September. Es hilft kein Erinnern an Hiroshima und Nagasaki. Es helfen keine Friedensgottesdienste und Blumengebinde. Es hilft kein „Berliner Appell gegen neue Mittelstreckenwaffen und für eine friedliche Welt“ (17). Es hilft auch keine „Pädagogik der Kriegsuntüchtigkeit“ … (18). Es hilft nicht die Rede von „Verantwortung und Solidarität“ sowie das Versprechen, dass „die vielfältigen Herausforderungen in unserer (Friedens-)Arbeit als Chancen für jeden einzelnen von uns verstanden werden können“ … (19).
Uns gegenüber steht auf der Seite von Krieg, Militär und Zerstörung eine straff organisierte, gehorsamsgedrillte und mit modernster Technik bewaffnete Übermacht, ein omnipotenter Gewaltapparat, eine militärische Supermacht, alles durchdringend, alles infizierend.
….
Bei der Berliner „Friedenswinter“-Demonstration zum Bundespräsidialamt verlas der bewegungspolitische Multifunktionär Reiner Braun (31) am 13. Dezember 2014 folgende Passage als „Unser Selbstverständnis“:
„Unsere Demonstration ist anti-faschistisch; ohne Wenn und Aber. Wir stehen in der Tradition des Schwurs von Buchenwald: Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg. Wir lehnen jede Form des Rechtsradikalismus ab, wir arbeiten mit Rechtsradikalen nicht zusammen. Wir demonstrieren hier gegen Krieg und Faschismus, gegen drohende Kriegsgefahr. Wir wollen keinen Rassismus in unserem Land, gleichgültig in welcher Form. Wir sind empört darüber, wie die sächsische Landesregierung mit einer Rassistenorganisation, dem PEGIDA-Bündnis, kooperiert. Auch hier muss eine klare Ansage kommen: Nicht in unserem Namen. Wir leisten Widerstand! Lasst es mich noch einmal ganz deutlich sagen: Wir sagen Nein zu Antisemitismus, neuen Rechten, Reichsbürgern, Rassismus, Nationalismus und Faschismus.“
Das Zitat ist typisch für die Vermengung der Rede vom Frieden mit einer Staats- und Militärunterwürfigkeit, welche die Kriegsbereitschaft antifaschistisch tarnt. Es handelt sich um dieselbe Methode wie bei Joschka Fischers „Nie wieder Auschwitz“ zur Rechtfertigung des Überfalls auf Jugoslawien.Befund 2
Mein zweiter Befund lautet deshalb: Das Ablehnen, wohlgemerkt: das aufgeplusterte Ablehnen des Faschismus verhindert keine Kriege – ganz im Gegenteil.
…
Das aktuelle Versagen und Scheitern der Friedensbewegung ist nicht neu, sondern hat Geschichte. Die historische Erfahrung der Zeit vor den beiden Weltkriegen zeigt, dass Kongresse und Demonstrationen für den Frieden die beiden Weltkriege nicht verhindern konnten – ja, dass sie, wie eine Art Begleiterscheinung, die Militarisierung friedlich flankiert und die Kriegsvorbereitung pazifistisch eskortiert haben. Die Friedensbewegung (genauer: die sozialdemokratische und bürgerliche Friedensbewegung) als Marketenderin und Mätresse des Militärs!
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Befund 3
Mein Befund Nr. 3 lautet: Friedens-Kongresse und Friedens-Demonstrationen haben keinen der beiden Weltkriege verhindert. Sie haben vielmehr den Prozess der fortschreitenden Militarisierung schein-friedlich flankiert und die Kriegsvorbereitungen pazifistisch eskortiert. Zugespitzt formuliert: Wer für den Frieden ist, aber nicht massiv dem Militarismus begegnet und wer den politisch-ökonomischen Entstehungszusammenhang der Kriege ausblendet, scheitert, muss scheitern. Oder soll ich treffender sagen, dass er den Krieg mitverschuldet?
…
Auch heute sind der Massenstreik, die Sabotage der Waffenproduktion, die Weigerung zum Verladen und Transport von Kriegsgütern, die Blockierung der Verkehrswege oder die Aufforderung an die Soldaten zur Befehlsverweigerung keine offensiven Themen der Friedensbewegung. Andererseits weisen z. B. der Corona-Widerstand, die Bauerndemonstrationen, die Blockaden der französischen Gelbwesten und die Impfweigerung von einzelnen Soldaten in Richtung einer neuen, militanten Friedenspolitik.
Der vollständige Artikel/Beitrag ist zu finden unter http://nrhz.de/flyer//beitrag.php?id=29464
Rudolph Bauer ist Mitglied und war Vorstand der Neuen Gesellschaft für Psychologie und ist u.a. Herausgeber des im Sodenkamp & Lenz Verlagshaus erschienen Buches „Corona – Inszenierung einer Krise“ (sehr lesenswert!).

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