Von Querdenkern lernen

Roberto De Lapuente

Querdenker-Demo in Frankfurt am Main
Zwar gibt es keine Corona-Aufarbeitung im eigentlichen Sinne, aber immer deutlicher wird: Eine Rehabilitierung derer, die man Querdenker nannte, ist nun dringend geboten.

Zwar gibt es keine Corona-Aufarbeitung im eigentlichen Sinne, aber immer deutlicher wird: Eine Rehabilitierung derer, die man Querdenker nannte, ist nun dringend geboten.

Vor zwei Wochen las man, dass Gesundheitsminister Lauterbach nicht sicher sagen könne, ob die Maskenpflicht überhaupt je was gebracht habe. »Die Effektivität von einzelnen Maßnahmen (z. B. Maskengebote)« ließe sich »nicht isoliert überprüfen«, teilte sein Ministerium schriftlich mit. Damit ist klar: Auch drei Jahre nach Beginn der Maßnahmenpolitik weiß man – nichts. Wie effektiv und damit angemessen einzelne Maßnahmen wirklich waren: Keiner kann es zu diesem Zeitpunkt sagen.

In Kreisen der Kritiker der Maßnahmenpolitik wird der Ruf nach Aufarbeitung lauter. Sie dürfen freilich nichts erwarten, auch wenn man nun einige vermeintliche Experten darauf angesetzt hat. Darunter unter anderem Alena Buyx, die als Vorsitzende des Ethikrates vor etwas mehr als einem Jahr noch für eine allgemeine Impfpflicht war: Hier wird die Zibbe zur Gärtnerin gemacht. Wer so aufarbeiten möchte, hat seine Entscheidung getroffen.

Gegensätzlichkeiten wurden synonymisiert

Querdenker nannte man die Kritiker der Maßnahmenpolitik der Bundesregierung hierzulande. Das war noch die freundliche Bezeichnung. Schwurbler oder Rechte: Auch damit wurden Kritiker betitelt. Im Querdenker schwang der Querulant mit: Als sei das Querulantische nicht gewissermaßen ein goldener Wert der Demokratie. Wenn letztere überhaupt etwas bedeutet, dann doch wohl, dass man dagegen sein darf – und dies nicht versteckt und heimlich, sondern offen und um seine Positionen werbend.

Gleichzeitig hat man den Begriff des Querdenkers diskreditiert. Vor drei Jahren war er noch positiv konnotiert. Betriebe suchten händeringend welche. Es gab staatlich geförderte Programme, die Querdenker ermutigen sollten: Denn Menschen, die nicht stur im engen Korsett bleiben, sondern ausscheren, über den Horizont blicken und weiterdenken, die seien nicht weniger als stilles Kapital. Man müsse sie unterstützen und so Deutschland zu einem neuen Schub verhelfen. Der Querdenker war in präpandemischen Zeiten ein allseits erhoffter New Deal.

Vieles hat sich dann in den Corona-Jahren verändert. Wissenschaft bedeutete plötzlich, dass es eine zementierte Wahrheit gibt. Und man sprach von ihr auch nur im Singular, ganz so, als gäbe es verschiedene Wissenschaftszweige und damit verschiedene Wissenschaften überhaupt nicht. Abstand zu halten war Zusammenhalt. Ferne Nähe. Und wir nahmen uns alle an die Hand – ohne uns an die Hand zu nehmen. Eine orwellsche Epoche brach herauf, in der Gegensätzlichkeiten synonymisiert wurden und Begriffe eine neue, oft diametral entgegengesetzte Wertung erhielten.

Querdenker hatten zumindest nicht unrecht….

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