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Dies ist der zwölfte Teil einer mehrteiligen Serie von Jan Müller zur aktuellen Imperialismusdebatte in der kommunistischen Bewegung. Sie beinhaltet folgendene Teile:
1. Einleitung & Marxsche Methode
2. Klassischer Imperialismus (1895 – 1945)
3. Der Spätkapitalismus (1945 – 1989)
4. Die expansive Phase des neoliberalen Kapitalismus (1989 – 2007)
5. Der Neoliberalismus in der Krise (seit 2007)
6. Chinas Aufstieg und der Abstieg des Westens (bis 2020)
7. Eine vierte imperialistische Epoche?
7.2 Die Klima-Hysterie von 2019 als Vorspiel
7.3 Die Corona-Hysterie von 2020 bis 2022
7.4 Der Dritte Weltkrieg
7.4.1 Der Ukrainische Kriegsschauplatz 2022
7.4.2 Der Wirtschaftskrieg gegen Russland
7.4.3 Der Wirtschaftskrieg der USA gegen Deutschland und Europa
7.4.4. Klimalockdown und Great Reset
7.5 Exkurs 1: Die Diskussion um den Charakter Russlands innerhalb der Kommunistischen Organisation
7.6. Exkurs 2: T. Mohrs Theorie des Ultraimperialismus
8. Perspektiven des Sozialismus auf der Erde
Imperialismus und Great Reset Teil 7.4.4: Klimalockdown und Great Reset
Das geopolitische Interesse der USA an einer Schwächung nicht nur Russlands, sondern auch Deutschlands korrespondieren mit den Forderungen der im World Economic Forum versammelten Milliardäre nach einem Great Reset, also nach einer kreativen Zerstörung großer Teile der Weltwirtschaft. Damit sollen Überkapazitäten stillgelegt, der Lebensstandard der Menschen radikal abgesenkt und die Mittelschicht enteignet werden. Es wird inzwischen allerdings immer klarer, dass vor allem EU-Europa diese kreative Zerstörung schultern soll. Je mehr Produktionskapazitäten hier stillgelegt werden, desto eher tritt die US-Industrie in einen neuen Wachstumszyklus ein, so die Hoffnung der Milliardäre.[1]
Diese neue lange Welle soll sich auf die »vierte industrielle Revolution« stützen, getragen von Bio- und Neurotechnologie, von Big Tech und Big Pharma. Hauptprofiteure sind Schattenbanken wie Blackrock und die hinter ihnen stehenden Milliardäre. Vorangetrieben werden diese als Great Reset bezeichneten Konzepte vom Weltwirtschaftsforum (WEF) unter der Führung von Klaus Schwab. Große Teile der Weltbevölkerung werden in dieser digitalen und automatisierten Weltwirtschaft überflüssig sein. Sie werden nach den vorliegenden Planungen und Projekten vorerst noch notdürftig am Leben gehalten, sollen letztlich aber als Überbevölkerung verschwinden.[2]
Vor allem in Europa werden die traditionellen Industriesektoren bewusst gegen die Wand gefahren, während vom Umbau hin zu einer »grünen Wirtschaft« vor allem die US-Milliardäre durch billionenschwere Subventionsprogramme profitieren. So hat Bill Gates bereits den Fonds Breakthrough Energy gegründet, um unter anderem die von der EU bereitgestellten Gelder in Höhe von einer Billion Euro für den »grünen« Umbau – de facto Verschlechterung – des Energiesystems abgreifen zu können. Der Fonds ist bereits offizieller Partner des europäischen Green New Deal. Wenn das genauso abläuft wie bei den Corona-Impfstoffen, dann dürfte ein großer Teil dieser Billion direkt in die Taschen der Oligarchen fließen.[3] Für die Bevölkerung bedeutet diese Entwicklung dauerhaft exorbitant hohe Energiepreise, Versorgungsunsicherheit mit Energie, Arbeitslosigkeit und letztlich die totale Verelendung.
Begründet wurde dieser Great Reset zunächst mit der Corona-Pandemie und mit dem Russland-Ukraine-Krieg. Aber bereits im Jahr 2021 war zu erkennen, dass der Corona- in den Klimalockdown überführt werden sollte, wenn die Strahlkraft des Corona-Narrativs nachlässt. Das Bundesverfassungsgericht machte in seiner Entscheidung vom 21. April 2021 den Weg hierfür frei. Zum Schutz des Klimas können gravierende Freiheitseinschränkungen gerechtfertigt sein. Oder noch deutlicher: »Die Möglichkeiten, von grundrechtlich geschützter Freiheit in einer Weise Gebrauch zu machen, die direkt oder indirekt mit CO2-Emissionen verbunden ist, stoßen an verfassungsrechtliche Grenzen.«[4]
Auch Karl Lauterbach forderte schon sehr früh den Klimalockdown. Bereits am 27. Dezember 2020 twitterte er: »Somit benötigen wir Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels, die analog zu den Einschränkungen der persönlichen Freiheit in der Pandemie-Bekämpfung sind.«[5]
Im Schatten der Corona-Hysterie sind ultraharte CO2-Einsparungsziele sowohl auf Bundes- wie auf EU-Ebene festgezurrt worden. So soll Europa spätestens 2045 kein CO2 mehr emittieren. Um dies zu erreichen, werden unter anderem folgende Maßnahmen umgesetzt:
- Agrarwende: 100% »Biolandwirtschaft« ohne Kunstdünger und Pflanzenschutzmittel. Das wird die Erträge senken und die Lebensmittelpreise massiv ansteigen lassen
- Abschalten aller Kohle- und Gaskraftwerke
- Abschalten aller Kernkraftwerke
- Schluss für den Verbrennungsmotor ab 2035 und damit Ende der individuellen Massenmobilität
- Zerstörung von Wohnraum unter dem Vorwand der Klimaneutralität
- Individuelle Kohlenstoffkontingente
Was hier passiert, ist ein Deindustrialisierungsprogramm ungeahnten Ausmaßes, das den gesellschaftlichen Wohlstand Deutschlands und der EU vernichten wird.
Bereits 2021 schrieb der Autor dieser Zeilen, was sich anzeichnete:
Es ist offensichtlich, dass diese brutalen Reduzierungsziele nicht ohne zusätzliche Maßnahmen erreicht werden können. Sonntagsfahrverbote, Rationierung der Heizstoffe, massiv gestiegene CO2-Steuern, Fleischsteuer (Euphemismus: Tierwohlabgabe), Abschaffung der Inlandsflüge und weitere soziale Grausamkeiten sind so gut wie sicher. Auch ist mit einer Abschaltung der größten Teile der Industrie zu rechnen. Das macht die Konturen des Klimalockdowns aus.[6]
Davon ist nach nur einem Jahr ein großer Teil verwirklicht worden. Andere Maßnahmen sind in der Diskussion und können jederzeit verhängt werden. Da aber diese Maßnahmen zumindest in Teilen der Gesellschaft unpopulär waren, brauchte man zu ihrer Durchsetzung ein überzeugendes Narrativ. Wie im Teil 7.4.2 zu den Russlandsanktionen dargestellt, diskutierte man im Westen bereits im Jahr 2021 über harte Sanktionen gegen Russland. Diese aus moralischen Gründen angeblich gebotenen Sanktionen haben faktisch die gleiche Funktion wie der damals noch in Teilen der Bevölkerung unpopuläre Klimalockdown.
Ich schrieb bereits am 8. Juni 2021:
Um aber die geplanten Sanktionierungen akzeptabel erscheinen zu lassen, reichen Betrugsvorwürfe an Russland [wegen der Dumawahlen] nicht. Röper geht deshalb davon aus, dass der Westen im Sommer 2021 neue Provokationen gegen Russland plant, um die Volkseele zum kochen zu bringen. Im Vergleich dazu können die bisherigen westlichen Provokationen, also MH-17, Skripals, Nawalny und Protasewitsch harmlos erscheinen. […]
Die tatsächlich aus Gründen der CO2-Reduzierung notwendigen[7] Maßnahmen des Klimalockdowns würden dann Russland angelastet. Das ist für den Westen gleich in mehrerer Hinsicht von Vorteil:
- Der Stopp von Nordstream 2 schafft Platz für Gas aus den USA, das im Frackingverfahren gewonnen wurde
- Russland wird geschädigt und vom Weltmarkt abgekoppelt
- Die Wut der Bevölkerung über die neuen Zwangsmaßnahmen wird auf Putin, den äußeren Feind abgelenkt
- Mit der neu geschürten Hysterie des Zweiten Kalten Krieges wird das eigentliche Ziel der Zwangsmaßnahmen, die breitflächige Zerstörung der westlichen Gesellschaften, erneut für einige Jahre maskiert[8]
Leider hat sich diese Vorhersage voll und ganz bestätigt, wenn sie auch nicht im Sommer 2021 eintraf, sondern etwas später. Russland wurde so lange provoziert, bis seine Streitkräfte im Februar 2022 in die Ukraine einmarschiert sind, was dann eine hysterische westlich Propagandakampagne ungeahnter Stärke auslöste. So ist zum Beispiel von einem Zivilisationsbruch und von bestialischen Kriegsverbrechen Russlands die Rede. Diese Propaganda – zusammen mit harter Repression – hat die Bevölkerung tatsächlich ruhig gestellt und bewirkte, dass sie empfindliche Einschnitte in ihren Lebensstandard akzeptiert.
Vermutlich wird das Kriegsnarrativ als Begründung für die Verarmung der Bevölkerung so lange es nur irgend geht aufrechterhalten. Zumal EU und NATO bereits angekündigt haben, dass auch nach dem Ende des Krieges die Sanktionen aufrecht erhalten werden und zwar so lange, bis Russland entwaffnet ist und alle vom Westen geforderten Reparationen gezahlt sind. Das aber dürfte kaum passieren. Auf absehbare Zeit wird es also keinen Handel der EU mit Russland geben. Wenn aber das Kriegsnarrativ doch an Kraft verliert, kommt das Klimanarrativ voll zum Tragen. Das wird jetzt gerade vorbereitet.
Seit 2020 befindet sich der Westen ununterbrochen im Krisenmodus. »Es scheint nicht mehr zu gehen ohne Bedrohungen, Angsterzeugung, Repressionen und dem erhobenen Zeigefinger.«[9] Die westlichen Eliten nutzen dieses zahlreichen inszenierten Krisen aus, um eine seit Langem formulierte Agenda voranzutreiben.[10]
Dabei schalteten die Milliardäre 2022 nochmals einen Gang hoch. Der Great Reset beschleunigt sich immer mehr. Im Schatten des Krieges werden weitgehend unter dem massenmedialen Radar immer weitere und härtere Reduktionsziele festgezurrt, die Landwirtschaft bewusst geschädigt, Kapital aus der Förderung von Öl, Gas und Kohle abgezogen, die Mobilität der Bevölkerung eingeschränkt und die Massenüberwachung verstärkt. Das Energiesystem wird massiv verschlechtert und auf die unzuverlässigen erneuerbaren Energien Wind und Solar umgestellt.
Die westlichen Regierungen agieren immer diktatorischer. Die schon in der Coronakrise angeknacksten Grundfreiheiten werden nicht wiederhergestellt. Sondern sie werden ganz im Gegenteil weiter abgebaut. Meinungsfreiheit existiert praktisch nicht mehr, die Zensurschraube wird immer fester angezogen (siehe dazu Abschnitt 7.4.5.).
Für die dem WEF verpflichteten Politiker wie Habeck und Baerbock ist der Krieg eine einmalige Gelegenheit, die grüne Agenda durchzudrücken:
Nicht zufällig hat sich bei Robert Habeck die Rede von ‚russischen fossilen Brennstoffen‘, also eine Kombination zweier ganz verschiedener Argumente, geradezu zu einer stehenden Redewendung entwickelt.[11]
Eine Erklärung dafür, warum die Grünen eine so radikale Politik gegen die Interessen der Bevölkerung betreiben, ist Habecks Bekenntnis von 2010: »Vaterlandsliebe fand ich stets zum Kotzen. Ich wusste mit Deutschland noch nie etwas anzufangen und weiß es bis heute nicht.«
Daraus folgt, dass Grüne keine Skrupel kennen, die eigene Bevölkerung zu züchtigen, für ihren Benzinverbrauch, ihren Fleischkonsum, ihre wahrgenommene Sündhaftigkeit allgemein. Die aktuelle Krise gibt ihnen die Möglichkeit hierzu.[12] In der radikalen grünen Ideologie mischen sich die schneidende Verachtung der Bobos und Hipster gegenüber allen, die anders sind als sie selbst mit Antideutschtum, transatlantischer Lakaiengesinnung und einer irrealen Romantisierung der »guten alten Zeit« ohne Großindustrie. Widerstände der Bevölkerung werden zunächst medial und wohl bald auch physisch niedergewalzt.
Den Zusammenhang von Russlandsanktionen und Klimalockdown belegt ein offener Brief vom 9. März 2022, in dem zahlreiche Aktivisten der neoliberalen Klimabewegung einem Importstopp von Öl, Gas und Kohle aus Russland forderten. »Drehen Sie Russland den Gashahn ab«, war die klare Aufforderung an Bundeskanzler Scholz, die er in der zweiten Jahreshälfte befolgte. Erstunterzeichner waren die Klimaaktivisten Luisa Neubauer, Eckart von Hirschhausen, Carla Reemtsma und Jakob Blasel, der Klima-YouTuber Rezo, die Klimaforscher Volker Quaschning, Stefan Rahmstorf und Claudia Kemfert, die Migrationsaktivistin Carola Rackete und die Grüne Marina Weisband.[13]
Zugleich trommeln zahlreiche Medienleute, Politiker und Wissenschaftler für einen harten Klimalockdown, teils noch unter dem Vorwand der Solidarität mit der Ukraine, teils aber auch schon ohne. So forderte Ex-Bundespräsident Gauck im März 2022:
Wir können auch einmal frieren für die Freiheit. Und wir können auch einmal ein paar Jahre ertragen, dass wir weniger an Lebensglück und Lebensfreude haben.[14]
Obwohl diese Forderungen damals noch ein gewisses Unbehagen auslösten, sind sie inzwischen Gesetz. In öffentlichen Gebäuden darf die Maximaltemperatur nur noch 19 Grad betragen. Nicolas Riedl kommentiert:
Den Menschen wird die Wärme genommen. Auf allen Ebenen. In den zwei Jahren Fake-Pandemie wurde die soziale Wärme vollends herabgekühlt. Nun geht es an die Kälte im physischen Sinne. Die Bevölkerung frieren zu lassen, gliedert sich perfekt in die Great-Reset-Agenda ein. […] Man bedient dabei drei Krisen-Klaviaturen gleichzeitig: Krieg, Klima, Corona. Die Menschen werden in eine noch immer tiefere Krise gestürzt […] Wenn dann ganze Gesellschaften im Chaos unterzugehen drohen, können sich die Akteure der Great-Reset-Agenda als große Retter inszenieren, die die Menschen nun in eine schöne neue Welt überführen, in welcher man nichts besitzt, keine Privatsphäre hat und so glücklich wie nie zuvor sein wird.[15]
Der ZDF-Meteorologe Özden Terli fordert derweil zugunsten des Klimas offen den Abbau von Wohlstand in Deutschland.[16] Professor Helge Peukert von Uni Siegen sagte, dass man private PKW aus Klimagründen bald nicht mehr erlauben könne. Außerdem sprach er sich für einen Klima-Lockdown aus: Praktisch müsste man die wirtschaftlichen Aktivitäten um 80 bis 90 Prozent herunterfahren, was im Rahmen von COVID-19 eine kurze Zeit gut gegangen sei. Doch für das Klima müsste man das über einen viel längeren Zeitraum hinbekommen.
Die italienische Wirtschaftswissenschaftlerin Mariana Mazzucato schrieb in einem Beitrag für das von George Soros kontrollierte und sehr einflussreiche Project Syndicate:
In naher Zukunft muss die Welt womöglich erneut auf Lockdowns zurückgreifen – diesmal, um den Klimanotstand zu bekämpfen. […] Bei einem Klima-Lockdown würden die Regierungen die Nutzung privater Kraftfahrzeuge begrenzen, den Konsum von rotem Fleisch verbieten und extreme Energiesparmaßnahmen verhängen, während die Produzenten fossiler Brennstoffe ihre Bohrungen einstellen müssten.[17]
Die bereits im Corona-Regime eingeübten Lockdowns sollen auch aufgrund von anderen, nicht weiter spezifizierten »Notlagen« verhängt werden dürfen. Das sieht zumindest das österreichische Krisensicherungsgesetz vor.[18]
Es findet also in den Medien ein konzertiertes Trommeln zugunsten des Klima-Lockdowns statt, der auch judikativ und legislativ vorbereitet wird. Der Clou am Klima-Lockdown ist, dass er im Gegensatz zum Corona-Lockdown nie endet und die Bürger so lange in Geiselhaft genommen werden können, wie es seine Urheber wollen. Der Klimalockdown ist jedoch seinerseits nur eine Begründung für den Great Reset. Zunächst einmal müssen wir uns näher mit dem World Economic Forum beschäftigen, das den Great Reset wesentlich vorantreibt.
7.4.4.1. Das World Economic Forum
Das 1970 vom deutschen Kapitalisten Klaus Schwab gegründete World Economic Forum ist nicht nur eine Diskussionsplattform, wo sich auf seinen jährlichen Tagungen im Schweizer Ort Davos die Repräsentanten der weltgrößten Unternehmen und der sie besitzenden Milliardäre treffen. Auch die wichtigsten Staats- und Regierungschefs der Welt geben sich in Davos ein Stelldichein und nehmen von diesen Milliardären unmittelbar Anweisungen entgegen.
Dabei bietet es nicht nur öffentliche Foren und Diskussionen, sondern – dadurch maskiert – auch informelle Treffen von Kapitalisten und Politikern ähnlich dem Bilderbergtreffen. Diese Treffen finden unter dem Format IGWEL (Informal Gathering of World Economic Leaders) statt. Gerade in diesen informellen Treffen werden viele initiativen lanciert. Bekannt ist, dass entsprechende Beratungen wesentlich zum Nordamerikanischen Freihandelsabkommen (NAFTA) führten. Auch die konkrete Form der deutschen Einheit ist in diesem Rahmen diskutiert worden.
Im Jahr 1997 prägte der Politikwissenschaftler Samuel Huntington den Begriff »Davos Man« für eine globale Elite, die »wenig Bedarf an nationaler Loyalität hat, nationale Grenzen als Hindernisse betrachtet und nationale Regierungen als Rückstände aus der Vergangenheit sieht, deren einzige nützliche Funktion darin besteht, die globalen Operationen der Elite zu erleichtern«[19] Als solches Diskussionsforum haben wir das WEF bereits im Abschnitt 5.2. kennengelernt. Bekanntlich hat es bereits zu Beginn der 00er Jahre heftige Kritik der Linken auf sich gezogen, was zu regelmäßigen Gegendemonstrationen und zur Gründung des Weltsozialforums als Gegenveranstaltung führte.
Inzwischen hat das World Economic Forum einen eigenen Apparat aufgebaut und treibt auch unabhängig von bzw. zwischen den Jahrestagungen zahlreiche unterschiedliche Initiativen voran. Das Budget des WEF mit Sitz im Schweizer Ort Cologny (Kanton Genf) betrug im Berichtsjahr 2019/20 367 Millionen Schweizer Franken. 152 Millionen Franken gab es für Personalkosten aus, 214 Millionen für seine Aktivitäten. Sein Vermögen belief sich Mitte 2020 auf 658 Millionen Franken.[20]
Das WEF hat seit 1991 zahlreiche Partnerschaften mit UN-Organisationen geschlossen. Die entsprechenden Abkommen legen fest, dass sich die jeweilige Organisation des Know-hows und der tatkräftigen Unterstützung von Privatunternehmen zu bedienen hat, die das WEF festlegt. Im Gegenzug wird die Mitfinanzierung der Projekte durch Mitglieder des Forums in Aussicht gestellt.
Ab 2005 nimmt das WEF bei der Ausrichtung seiner Jahrestagung gezielt Einfluss auf das Land, das im folgenden Halbjahr die EU-Ratspräsidentschaft innehat bzw. als Gastgeber für die G8/G7 oder die G20 fungiert. Der bisherige Höhepunkt dieser Entwicklung wurde auf der Jahrestagung 2020 erreicht, wo die Techmilliardäre den zahlreichen anwesenden Regierungschefs ihre Wünsche beim Umgang mit der künftigen Coronapandemie diktieren konnten.[21]
Seit den 90er-Jahren geht es dem WEF nicht mehr nur darum, die bestehenden politischen Eliten zu beeinflussen, sondern es macht sich systematisch daran, die künftigen Eliten auszuwählen, aufzubauen und zu vernetzen. Diesem Ziel dient das 1992 gestartete Programm »Global Leaders of Tomorrow«, das 2004 in »Young Global Leaders« umbenannt wurde. Jährlich werden aus Sicht des WEF vielversprechende junge Politiker und ehrgeizige Wirtschaftslenker auserwählt. Sie werden in fünfjährigen Kursen darauf vorbereitet, noch höhere Positionen zu erreichen. In Kursen an der Harvard-Universität wird ihnen exklusives Herrschaftswissen vermittelt. Sie werden im Rahmen ihrer Ausbildung mit der Weltsicht der globalen Wirtschaftselite vertraut gemacht und mit ihr vernetzt.[22] In einem Video brüstete sich Klaus Schwab damit, die Kabinette der Welt penetriert zu haben. Das ist nicht übertrieben. Unter anderem folgende Staatsmänner und ‑frauen haben das Young Global Leader-Programm des WEF durchlaufen:
- José María Aznar (Spanischer Ministerpräsident von 1996 bis 2004)
- José Manuel Barroso (Präsident der EU-Kommission von 2004 bis 2014)
- Tony Blair (Britischer Premierminister von 1997 bis 2007. Er setzte innerhalb der europäischen Sozialdemokratie den Neoliberalismus durch)
- Gordon Brown (Britischer Premierminister von 1997 bis 2010)
- Angela Merkel (Deutsche Bundeskanzlerin von 2005 bis 2021. Corona-Hardlinerin.)
- Nicholas Sarkozy (Präsident Frankreichs von 2007 bis 2012)
- Emmanuel Macron (Präsident Frankreichs ab 2017. Corona-Hardliner.)
- Sebastian Kurz (Bundeskanzler Österreichs von 2017 bis 2021 mit Unterbrechungen. Corona-Hardliner.)
- Jens Spahn (Deutscher Gesundheitsminister von 2018 bis 2021, also während der Corona-Pandemie)
- Sanna Marin (Ministerpräsidentin Finnlands ab 2019. Führte ihr Land in die NATO.)
- Jacinda Ardern (Premierministerin von Neuseeland von 2017 bis 2023. Corona-Hardlinerin)
- Justin Trudeau (Premierminister Kanadas ab 2015. Corona-Hardliner. Beendete die Truckerproteste 2022 durch Anwendung der Notstandsgesetze.)
- Mark Rutte (Ministerpräsident der Niederlande ab 2010)
- Mauricio Macri (Präsident Argentiniens von 2015 bis 2019)
- Annalena Baerbock (Deutsche Außenministerin ab 2021. Starke Frau in der deutschen Regierung. Russland-Hardlinerin.)
- Alexander De Croo (Premierminister Belgiens seit 2020)
Auffällig ist, dass es in dieser beeindruckenden Liste keine hochrangigen US-Politiker gibt. Offenbar dient das Young Global Leader Programm vor allem dazu, Einfluss auf die Politik der Vasallenstaaten der USA zu nehmen.
Ergänzung findet dieses Programm durch die »Global Shapers«. Das World Economic Forum unterhält in 428 Städten sogenannte »Hubs«, wo zehntausende junge Menschen in ihren 20ern ausgebildet werden. Zeigen sie sich hinreichend ehrgeizig und lenkbar, wird ihre Karriere gefördert und sie können zu Young Global Leaders aufsteigen. Damit wäre ihr Einrücken in gehobene Positionen der Geschäftswelt oder der Politik nahezu garantiert.[23]
Das World Economic Forum übt auch unabhängig von seinen konkreten Jahrestreffen kontinuierlich Macht aus und setzt die Regierungen unter Druck. Dies geschieht vor allem durch das Konzept der Global Governance. In zahlreichen kaum bekannten informellen Gruppen sitzen Vertreter der eng mit dem WEF verbandelten Konzerne und der Regierungen zusammen, um bestimmte Standards zu setzen oder Vorhaben voranzutreiben. Diese werden dann auf den Jahrestreffen des WEF verkündet und auf Treffen der G7 oder G20 oder von der EU-Kommission beschlossen. Hierdurch wird auf die nationalen Parlamente ein massiver Druck ausgeübt, die jeweiligen Vorhaben formell abzusegnen. Die politische Demokratie wird zu einer leeren Hülle degradiert. In den folgenden Abschnitten soll der »bunte Strauß von ineinandergreifenden dystopischen Programmen«[24] des WEF beschrieben werden. Die Liste ist weit von einer Vollständigkeit entfernt.[25]
Diese Form der Machtausübung existiert auch dann, wenn auf dem Jahrestreffen in Davos nicht mehr ganz so viele hochkarätige Politiker auftauchen, um der globalen Kapitalelite ihre Aufwartung zu machen. Insofern ist das Gerede von einem Niedergang des WEF in russischen Medien im Anschluss an die 2023er-Tagung zumindest verfrüht.[26]
Das World Economic Forum war bei der Durchsetzung seiner Agenda dermaßen erfolgreich, dass sie möglicherweise eine Eigendynamik entwickelt hat und auch unabhängig von ihm wirkt. Seine menschenfeindlichen Programme zur CO2-Reduktion sind durch internationale Verträge, Gesetze und Verfassungsgerichtsentscheidungen in Stein gemeißelt und können nur noch durch eine Revolution geändert werden. Auch sind die wohlhabenden Teile der westlichen Gesellschaften dermaßen stark durch grüne Propaganda beeinflusst, dass sich fanatisch jeder Änderung dieser Politik widersetzen werden. Selbst wenn die Bedeutung des WEF als globales Diskussionsforum der Kapitalelite und als Agentur der Global Governance tatsächlich zurückgehen sollte, seine Agenda wird bleiben und den Westen prägen….
mehr dazu:
Guten Tag Herr Huxley,
„Der Dritte Weltkrieg Teil 4: Klimalockdown und Great Reset.“
Die Lektionen für den Kreml, der aus den historischen Erfahrung, durch Genozid an der eigenen Bevölkerung, unter Иосиф Виссарионович Сталин nichts gelernt hat. Stalins Genozid in der Ukraine: „Eine Wahrheit, die man jahrzehntelang zu vertuschen versuchte“ Der Genozid und der Terror in der Ukraine geht weiter.
Stalin ließ in den ukrainischen Dörfern das Vieh, Getreide und Saatgut beschlagnahmen. Hungergebiete wurden abgeriegelt. Je nach Region verhungerten zwischen zehn und 60 Prozent der Bevölkerung. Historiker schätzen, dass etwa vier Millionen Menschen in der Ukraine dem Holodomor zum Opfer fielen.
Die neoimperialen Angriffskriege des Kreml sind ein Verbrechen.
Der/ die Grundgute (n) und die Vermittler, haben ihre eigenen Schattenseiten.
mit freundlichen Grüßen
Hans Gamma
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Was sind die Quellen?
Diese hier:
Geschichtsrevisionismus per Dekret
27. Dezember 2022
Der Bundestag hat beschlossen, die Hungersnot in der Sowjetunion 1932-33, in der Ukraine als „Holodomor“ – Tötung durch Hunger – bezeichnet, als Genozid zu bewerten. Der deutsche Staat folgt damit dem Standpunkt des ukrainischen Staates und einiger Historiker*innen. Damit bestimmt das Parlament, was historische „Wahrheit“ zu sein hat, ungeachtet anhaltender wissenschaftlicher Kontroversen. Tatsächlich spielen außenpolitische Interessen die entscheidende Rolle bei dieser Entscheidung.
Von Marcus Hesse, Aachen
Der Beschluss kam durch einen Antrag der Ampel-Parteien und der Union zustande. DIE LINKE enthielt sich, die AfD ebenfalls. Die nutzte ihre Redezeit für antisozialistische Hetze, aber kritisierte die antirussische Motivation des Antrags.
Im Oktober hatte die Regierung den Volksverhetzungsparagrafen §130 Strafgesetzbuch verschärft. Die „öffentliche Billigung, Leugnung beziehungsweise gröbliche Verharmlosung von Völkerstraftaten“ wird – z.B. wenn „sie geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören“ – mit ein bis drei Jahre Haft bestraft. Mit der Kombination der Strafrechtsverschärfung und dem Beschluss zur Hungersnot haben die etablierten Parteien nicht nur die historische Debatte für erledigt erklärt, sondern geben der Justiz die Möglichkeit, abweichende Meinungen mit strafrechtlichen Mitteln zu bekämpfen.
Bis zu 8 Millionen Tote
(….)
Zum „Holodomor“-Begriff
Dieser Begriff wurde lange Zeit nur von extrem rechten Kräften verwendet. Seit der Jahrtausendwende ging der Begriff in den allgemeinen Sprachgebrauch über. Nach und nach erließen Staaten Parlaments-Resolutionen, die die wissenschaftlich nicht klar belegbare Genozid-These übernahmen; darunter Australien, das bis heute seinen eigenen Genozid an den Abogines leugnet.
Der israelische Staat lehnt es bis heute ab, den „Holodomor“ als Genozid anzuerkennen, weil das den Holocaust an Europas Jüd*innen relativiert. Deutschland hielt sich bis 2022 auch zurück. Angesichts der Nazi-Verbrechen, des Holocausts und den Verbrechen gegen die Sowjetunion wollte man nicht in den Geruch der Relativierung und des Geschichtsrevisionismus kommen. Doch dieses Tabu ist jetzt gefallen, dem Ukraine-Krieg „sei Dank“. Unter dem Beifall des ukrainischen Ex-Botschafters Melnyk, der die Beteiligung seines Helden Bandera am Holocaust leugnet, wurde vom selben Bundestag, der sich bis 2019 weigerte, den deutschen Genozid an den Herero und Name auf dem Gebiet des heutigen Namibia anzuerkennen und bis heute keine Entschädigungen dafür zahlen will, beschlossen, dass die UdSSR die Ukrainer*innen absichtlich verhungern ließ, eben weil sie Ukrainer*in waren. Die Bundestagsresolution schreckt nicht davor zurück, den „Holodomor“ in einem Atemzug mit dem Massaker von Babyn Jar und der Aushungerung Leningrads zu nennen. Diese Geschichtsklitterung zur Förderung einer militaristische außenpolitischen Agenda stellt politisch eine neue Qualität dar.
https://www.sozialismus.info/2022/12/geschichtsrevisionismus-per-dekret/
weitere Beiträge:
Geschichtsfälschung: War der Holodomor ein Genozid?
https://www.anti-spiegel.ru/2022/war-der-holodomor-ein-genozid/?doing_wp_cron=1681563578.3243589401245117187500
Der Holodomor war eine katastrophale Hungersnot – aber kein Genozid
https://www.nachdenkseiten.de/?p=90931
Hungersnot in der Ukraine vor 75 Jahren – „Völkermord Stalins“?
https://www.mlpd.de/2011/kw40/hungersnot-in-der-ukraine-vor-75-jahren-2013-201evoelkermord-stalins201c
Kann der holodomor von 1932–1933 in der Ukraine und im Kuban-Gebiet alS Genozidqualifiziert werden?
Klicke, um auf 1557905373.pdf zuzugreifen
Ukrainische Historiker streiten über die Stalin-Ära
Das ukrainische Trauma
https://jungle.world/artikel/2008/50/das-ukrainische-trauma
Angeblicher Völkermord durch Stalin
Ukraine: Grünen-Vorsitzender wärmt antikommunistische Geschichtsfälschung wieder auf
https://www.rf-news.de/2022/kw29/ukraine-gruenen-vorsitzender-waermt-antikommunistische-geschichtsfaelschung-wieder-auf
Die Holodomor-Resolution ist unüberlegt und kurzsichtig
https://jacobin.de/artikel/die-holodomor-resolution-ist-unueberlegt-und-kurzsichtig-ukraine-krieg-bundestag-ingar-solty/
Geht es nach der ganz großen Koalition aus Ampel-Regierung plus CDU/CSU-Opposition, so soll der Bundestag heute Abend eine Resolution beschließen, die die große sowjetische Hungersnot von 1932/33 als Völkermord einstuft. Seit 1991 haben mehrere ukrainische Regierungen versucht, die Auswirkungen dieser Katastrophe auf ihren Teil der UdSSR als solchen einzustufen. Sie sprechen vom »Holodomor«. Die scheinbare etymologische Nähe zum Holocaust ist unbeabsichtigt, aber sicherlich nicht unwillkommen.
Unter Osteuropa-Historikerinnen und -Historikern ist allerdings stark umstritten, ob die gesamtsowjetische Hungerkatastrophe von 1932/33 als ethnisch motivierter und gezielt herbeigeführter Völkermord gegen die politisch unliebsame ukrainische Bevölkerung erachtet werden kann. So starben etwa in Kasachstan in Relation zur Bevölkerung sogar sehr viel mehr Menschen. Dem ukrainischen Nationalismus dient die Erinnerung an das schreckliche Leid und seine spezifische Deutung der nationalen Identitätsstiftung. Der russische Angriffskrieg dürfte den Nationalmythos einer Jahrhunderte lang von Russland in ihrer Unabhängigkeit unterdrückten Nation besiegeln: Man versteht sich als eine Gemeinschaft der Opfer. Die gemeinsame sowjetische Geschichte – etwa die Gründung des Zarismus in der Ukraine, die Oktoberrevolution oder der Bürgerkrieg – weicht einer geschichtspolitischen Erzählung, die die Rehabilitierung des Nazikollaborateurs und Holocaust-Mittäters Stepan Bandera zur Folge hat. Auch deshalb ist in Israel die Auffassung verbreitet, der Holodomor sei ein Mittel, sich selbst als reine Opfernation zu definieren und dadurch quasi indirekt von der Beteiligung ukrainischer und (baltischer) Nationalisten am Holocaust abzulenken.
Trotz der langjährigen Spannungen zwischen den USA, der EU und Russland über die Frage der Ukraine, ihrer Bündnisneutralität, einer möglichen NATO-Mitgliedschaft oder einer engeren Bindung an die EU gelang die Anerkennung als Genozid bis heute nicht. Die geschichtswissenschaftlichen Zweifel wogen zu schwer. Im Kontext des russischen Kriegs in der Ukraine scheinen diese nun ausgeräumt zu werden.
Brisant wird das Ganze, weil die Ampel-Koalition Ende Oktober in einer Nacht-und-Nebel-Aktion ein vom FDP-Bundesjustizminister Marco Buschmann vorangetriebenes Gesetz beschloss, wonach die Billigung, Leugnung oder Verharmlosung von Völkermorden zukünftig – genau wie im Fall von Holocaustleugnung – strafrechtlich verfolgt werden wird. In manchen Ohren mag das erst einmal gut klingen. Die Verharmlosung von systematischem Mord sieht niemand gern. Auf Twitter spottete der Schriftsteller und Intellektuelle Raul Zelik: »I love it. ›Entdeckung‹ Amerikas, britische Kolonisierung Irlands, Einhegung der europäischen Allmende, europäische Kolonialherrschaft, deutsche Massaker an den Herero … Die ganze deutsche Mehrheitsgesellschaft trifft sich demnächst im Knast.«
In einem beschleunigten Verfahren von bloß zwei Tagen wurde das Gesetz ganz ohne gesellschaftliche Debatte oder anschließende Berichterstattung durchgewunken – Wolfgang Streeck sprach in der New Left Review von einem veritablen Gesetzes-»Putsch«. Tatsächlich wird auch in Zukunft niemand, der leugnet, dass »das Kapital von Kopf bis Zeh, aus allen Poren, blut- und schmutztriefend« in die Welt kam, irgendetwas zu befürchten haben. Das Gesetz dient kurzfristigen politischen Zwecken. Es steht im Zusammenhang damit, dass die ukrainische Regierung auch den russischen Angriffskrieg als Völkermord definiert wissen will. Immer wieder hat sie dies gefordert.
Es geht also um eine gesetzliche Handhabe, mit der Rechtfertigungen des Angriffskriegs Russlands kurzfristig kriminalisiert werden können. Zu diesem Zweck wurde in den Zusatzartikel zum Holocaust-Paragraphen 130 »eine Stunde vor Mitternacht«, wie Streeck kritisiert, noch ein neuer Absatz hinzugefügt, der auch das »Befürworten, Leugnen oder Verharmlosen« von »Kriegsverbrechen« unter Strafe stellt. Die ersten Meldungen über Ermittlungsverfahren und bevorstehende Anklagen hat es bereits gegeben. In Kürze, mutmaßt auch Streeck, könne der »Generalbundesanwalt Anklage erheben gegen Personen, die die russischen Kriegsverbrechen mit den Kriegsverbrechen der USA im Irak vergleichen und dabei jene (oder diese?) ›relativieren‹«. In einem Land, in dem am Morgen nach der Machtübernahme fast jede und jeder seine Nachbarinnen und Nachbarn mit »Heil Hitler!« statt »Guten Tag« begrüßt habe, hätte das zwangsläufig einen Einschüchterungseffekt. »Welcher Journalist oder Wissenschaftler, der eine Familie zu ernähren hat oder beruflich weiterkommen will«, so Streeck, »wird sich der Gefahr aussetzen, vom Verfassungsschutz als ein ›Relativierer‹ russischer Kriegsverbrechen ›überwacht‹ zu werden?«
Vor diesem Hintergrund hat die neue Resolution es wahrlich in sich. Unumstritten und unleugbar sind die Schrecken der Geschichte der nachholenden Industrialisierung auf dem Weg der Zwangskollektivierung, die Verbrechen des Stalinismus, die nicht zuletzt auch viele deutsche Sozialistinnen und Kommunisten im Exil mit dem Leben bezahlten. Höchst umstritten bleibt in der Wissenschaft jedoch die These von Stalins gezielter Einleitung der Hungersnot als ein Mittel der ethnischen Säuberung…..
https://jacobin.de/artikel/die-holodomor-resolution-ist-unueberlegt-und-kurzsichtig-ukraine-krieg-bundestag-ingar-solty/
So ein kleiner Überblick auf die Schnelle. Ich hätte gerne mehr Informationen, gerade wenn sich die Historiker und Wissenschaftler nicht einig sind.
Na klar, auch die „Guten“ haben alle ihre Schattenseiten!
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Guten Tag Herr Huxley,
Vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort.
„Angesichts der Nazi-Verbrechen, des Holocausts und den Verbrechen gegen die Sowjetunion wollte man nicht in den Geruch der Relativierung und des Geschichtsrevisionismus kommen. Doch dieses Tabu ist jetzt gefallen, dem Ukraine-Krieg „sei Dank“.“
Die Militäroperation des Kreml verschleiert mit dieser Wortfindung seine wirkliche Absicht.
Gilt für alle: für die Bösen und die Guten: Die andern sind es, wir nicht.
„Der russische Angriffskrieg dürfte den Nationalmythos einer Jahrhunderte lang von Russland in ihrer Unabhängigkeit unterdrückten Nation besiegeln: Man versteht sich als eine Gemeinschaft der Opfer. Die gemeinsame sowjetische Geschichte – etwa die Gründung des Zarismus in der Ukraine, die Oktoberrevolution oder der Bürgerkrieg – weicht einer geschichtspolitischen Erzählung, die die Rehabilitierung des Nazikollaborateurs und Holocaust-Mittäters Stepan Bandera zur Folge hat. Auch deshalb ist in Israel die Auffassung verbreitet, der Holodomor sei ein Mittel, sich selbst als reine Opfernation zu definieren und dadurch quasi indirekt von der Beteiligung ukrainischer und (baltischer) Nationalisten am Holocaust abzulenken.“
Als Opfer der Geschichte, was nicht zu leugnen ist; dem Angriffskrieg des Kreml ist niemand zum Dank verpflichtet.
„Trotz der langjährigen Spannungen zwischen den USA, der EU und Russland über die Frage der Ukraine, ihrer Bündnisneutralität, einer möglichen NATO-Mitgliedschaft oder einer engeren Bindung an die EU gelang die Anerkennung als Genozid bis heute nicht. Die geschichtswissenschaftlichen Zweifel wogen zu schwer. Im Kontext des russischen Kriegs in der Ukraine scheinen diese nun ausgeräumt zu werden.“
Ich ziehe die Demokratie der Diktatur vor. Die Ukraine will in die EU und in die Nato.
Niemand hüben wie drüben soll sich mit seiner weissen Weste brüsten.
„- dass die ukrainische Regierung auch den russischen Angriffskrieg als Völkermord definiert wissen will. Immer wieder hat sie dies gefordert.“
Ich unterstütze die Forderung der Ukraine, wegen den Kriegsverbrechen, die durch Russland begangen worden sind.
„Vor diesem Hintergrund hat die neue Resolution es wahrlich in sich. Unumstritten und unleugbar sind die Schrecken der Geschichte der nachholenden Industrialisierung auf dem Weg der Zwangskollektivierung, die Verbrechen des Stalinismus, die nicht zuletzt auch viele deutsche Sozialistinnen und Kommunisten im Exil mit dem Leben bezahlten.
—Höchst umstritten bleibt in der Wissenschaft jedoch die These von Stalins gezielter Einleitung der Hungersnot als ein Mittel der ethnischen Säuberung…..—“
Mag sein.
Ich finde Ihre Stellungnahme außerordentlich wichtig. Diesem Bespiel sollten sich alle, die an einem Völkermord in der Vergangenheit und noch heute beteiligt sind, zu Herzen nehmen.
Was Historiker über die Vergangenheit der Rede wähnen, was die Wissenschaft uns zu glauben vorstellt; die Wissenschaft findet den subjektiven Moment als irrelevant und hinfällig.
mit freundlichen Grüßen
Hans Gamma
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