In seinem Kommentar fasst Julian Marius Plutz zusammen, woran es in der deutschen Debattenkultur mangelt.
Kommentar von Julian Marius Plutz
7.3.2023
Die Debattenkultur ist tot und ihr habt sie getötet. Gut gemacht! Leute anderer Nationen wundern sich, wie es in Deutschland um die Freie Rede bestimmt ist. Deutsche sind wiederum verwundert, dass Leute anderer Nationen noch fair und vernünftig diskutieren können. Ich wundere mich über gar nichts mehr. Das Land, in dem eine andere Meinung Job- und Auftragsverlust bedeuten kann, wenn es nicht in das immergleiche Erzählmuster der Protagonisten passt, hat sowieso verloren. Lost in Space. Rest in Peace. Eingesperrt zwischen politischer Korrektheit und poststalinistischem Kadavergehorsam müssen Querköpfe leider draußen bleiben. Was die Wahrheit ist und was nicht, das bestimme immer noch ich.
Fünfunddreißig Minuten Debatte in einem US-amerikanischen Twitter Space genügt, um zu wissen, an was es in den deutschen Diskussionen fehlt: An allem. Statt Respekt vor dem Widerwort zu haben, erleben wir hier eine veritable Unlust, andere Meinungen auszuhalten.
(….)
Für die richtige Sache müssen eben ein paar Späne fallen. So dachte auch Ho-Chi-Minh.
Ob die Debattenkultur noch zu retten ist? Gute Frage. Wenn sich die linksbesaiteten Damen und Herren aus Wokistan beherrschen würden, andere Meinungen nicht abschaffen zu wollen, wäre das möglich. Doch zu oft ist eine Kritik an der Sache „Hass und Hetze“. Sie kritisieren die Transideologie, die im Übrigen auch einige Transpersonen kritisieren: Schade, Sie sind leider ein Nazi. Sie sind der Meinung, dass das mit der Massenmigration aus kulturfremden Ländern nicht die allerbeste Idee ist? Was fällt Ihnen ein, Sie Rassistensau! Sie glauben, dass noch mehr Windmühlen nicht ausreichen, um den Energiebedarf eines Industriestaates decken zu können? Sie sind nichts weiter als ein rechter Klimaleugner!
Hört dieses unsinnige Framing auf, beendet diese Unlust an der anderen Meinung, so könnte das noch etwas mit der Debattenkultur in Deutschland werden. Und neben dem Baggern – natürlich meine ich nur die Volleyballtechnik – kann man in der Schule auch lernen, wie man debattiert. Denn eines ist klar: Ohne Artikel 5 des Grundgesetzes sind alle anderen Artikel wertlos. Man muss ihn nicht mögen, aber da hat der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck recht: „Der Meinungsstreit ist keine Störung des Zusammenlebens, sondern Teil der Demokratie.“…
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https://www.freilich-magazin.com/gesellschaft/ueber-die-unlust-an-der-anderen-meinung