Rechte/linke Antworten auf die Krise sind weder egal noch gleich

Wolf Wetzel

Was man unter links und/oder rechts versteht, sei in die Jahre gekommen. Man sagt auch, dass die Begriffe überholt seien. Links und rechts seien beliebig (geworden). Auch was man unter rechts zu verstehen hat, sei ausgefranst und in seiner begrifflosen Verwendung völlig substanzlos.

Ich widerspreche dem ausdrücklich.

Es gibt in den USA viel zu viele, die hielten wirklich den Ex-US-Präsidenten Barack Obama für einen Linken, für einen Sozialisten (weil er für eine Gesundheitsreform eintrat) und hier meint der Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen, dass die staatlichen Corona-Maßnahmen in den Sozialismus führen könnten.

Was oft einfach nur hilflos ist bzw. nachgeplappert wird, ist jedoch auch eine klar durchdachte und überlegte Strategie, die nicht ganz neu ist, sondern die Früchte der „Totalitarismustheorie“ aus den 1960er Jahren erntet.

Die abgekochte Version davon wird als „Extremismustheorie“ verkauft, die popularisierte Version nennt sich „Hufeisentheorie“, nach der sich Links- und Rechts (Außen) einander an den Enden der politischen Skala berühren:

„Mögen die Forscher rund um den Chemnitzer Emeritus (und Miturheber der Theorie) Eckhard Jesse auch an komplexen Beschreibungen der Gesellschaft basteln, die sich eben nicht in der simplen Gleichsetzung von links und rechts erschöpfen: Längst hat die von Jesse selbst gebrauchte (vulgäre) Metapher des Hufeisens den Diskurs beschädigt. Das Bild von den gesellschaftlichen Extremen, die in gleicher Form von der Mitte wegragen und sich an den Enden fast wieder berühren, ist aber auch zu verführerisch. Kaum eine Diskussion über rassistisch motivierte Gewalt-, gar Mordtaten, in der nicht unmittelbar darauf verwiesen würde, dass brennende Luxusautos in Berliner Szenekiezen ebenfalls zu verurteilen sind.“
(Johannes Schneider, Das Hufeisen muss runter, zeit.de vom 28. Oktober 2019)

Die Absicht war klar und wohldurchdacht: Zum einen wollte man vor allem alles denunzieren, was sich als „links“ versteht, indem man es mit „rechts“ gleichsetzte. Zum anderen, und diesen Nebeneffekt darf man nicht außer Acht lassen, schafft man eine Mitte, der man sich in aller Beliebigkeit zugehörig fühlen durfte.

Damals musste man linke Kritik und linke Forderungen nach Überwindung dieses kapitalistischen Systems noch mit rechtem Gedankengut gleichsetzten, um unausgesprochen zu sagen: Bleibt in der Mitte, wenn ihr euch nicht ins Aus katapultieren wollt.

Dass gerade jene, die aus sehr strategischen Gründen behaupten, dass es rechts und links nicht mehr gebe, damit ihre eigene politische Agenda verschleiern wollen, werden wir noch sehen.

Rechts und links: Ideologische Begriffe?

Die einen sagen also, rechts-links gibt es doch gar nicht mehr. Die anderen sagen, das sei doch gar nicht (mehr) wichtig. Es gehe jetzt nur noch … und richtig-falsch, oben-unten

Es gibt dabei Linke, die diesen Begriff für überholt, für unscharf, verbraucht oder gar nichtssagend halten. Dabei haben sich nicht die Begriffe verändert, sondern sie sich selbst.

Und es gibt Rechte, die dasselbe sagen: Recht und links seien ideologische Begriffe, die unnötig spalten. Jetzt müsse man das Ganze sehen ….

mehr dazu:

3 Kommentare zu „Rechte/linke Antworten auf die Krise sind weder egal noch gleich

  1. Wunderlich sagt:
    24. Januar 2023 um 11:51 Uhr

    Die gegenwärtigen oppositionellen Kräfte, die allesamt die Verschlechterung der Lebensumstände für die meisten Menschen anprangern, in Linke und Rechte aufzuteilen, halte ich für schädlich. Das hilft nur den Regierenden, sonst niemanden, auch nicht der Umwelt. Wenn man sich einer drohenden Gefahr widersetzt (hier und jetzt der Untergang Europas), sind die Befindlichkeiten, die man in Wohlstandszeiten pflegt (z.B. mit oder ohne Geld reisen) zweitrangig und können in Friedenszeiten demokratisch ausdiskutiert werden. Jetzt geht es erst mal ums Eingemachte: Wie lange werden wir noch überleben?

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  2. henio sagt:
    24. Januar 2023 um 13:09 Uhr

    Nicht nur die politischen Einordnungen in »Links« bzw. Rechts haben heute eine andere Bedeutung als noch vor etwa 50 Jahren, das gilt auch für »liberal«, »Reform« oder »Friedenspolitik«.

    Betrachten wir einmal die SPD, in den fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts waren Einsatz für die sozial Schwachen und Frieden mit allen Staaten die Merkmale der SPD.

    Davon ist heute nichts mehr zu sehen, was die sozial Schwachen betrifft, davon hat sich die SPD mit Hartz IV endgültig verabschiedet, und auch mit dem Frieden nimmt es die SPD es nicht mehr so genau, sie ergriff die erste sich bietende Gelegenheit um sich am völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien zu beteiligen. Dabei war die SPD anfang der fünfziger Jahren des 19. Jahrhunderts nicht nur gegen die Nato, sie war sogar gegen die Einführung der Bundeswehr.

    Die korrupte Ukraine, in der rechtsextreme Schläger und Verehrer des Nazi-Kollaborateurs Bandera das Sagen haben, wird im Westen als Verbündete wahrgenommen, die nicht nur ihre eigene, sondern auch die westliche Demokratie verteidigt.

    Rechtsradikalismus unterstellt man bei den Menschen, die nicht bereit sind sich einer Gen-Therapie auszusetzen, und anstatt sich von den ukrainischen Nazis zu distanzieren, beschränkt man bei uns im Kampf gegen Rechts, indem man die Benutzung von Worten wie „Mohr“, „Eskimo“ oder „Zigeuner“ anprangert.

    Begriffe wie Links bzw. Rechts haben bei uns ihre Bedeutung verloren, egal ob die CDU/CSU, die SPD, die Grünen oder die FDP den Kanzler stellt, es würde sich bei uns nichts ändern.

    Begriffe wie Links bzw. Rechts haben aber nicht nur bei uns ihre Bedeutung verloren, das gilt auch für Großbritannien unter Blair, oder für die USA unter Clinton, Obama oder Biden, die Politik der USA ist „America first“, was den Iran, Guantanamo, China betrifft ist sie die gleiche wie unter Trump.

    Mit solchen politischen Parteien wird der Begriff Demokratie ad absurdum geführt.

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  3. his_frogness sagt:
    24. Januar 2023 um 13:37 Uhr

    „Es gibt dabei Linke, die diesen Begriff für überholt, für unscharf, verbraucht oder gar nichtssagend halten. Dabei haben sich nicht die Begriffe verändert, sondern sie sich selbst.“

    So ist es. Bezeichnenderweise sind die Grünen schon in ihrer Gründungsphase mit dieser Erzählung von „weder links noch rechts, sondern grün!“ hausieren gegangen. Das hat mich schon damals mißtrauisch gemacht. Letztlich ist es die totalitäre Aussage: „Es gibt nur einen richtigen Weg und das ist unserer!“ In dieser Alternativlosigkeit, dieser TINA-Diktatur sind wir nun angekommen.

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