Von Beate Steinmetz
2. November 2022
„Teile und herrsche – das ist es, was sie wollen”, „wir lassen uns nicht spalten” und „egal ob geimpft oder ungeimpft – wir alle halten zusammen”: Sätze wie diese gehörten in den letzten zwei Jahren zu den Standardphrasen der alternativpolitischen Szene. Sie sollten ein Gefühl der Versöhnung und des „Zusammenhalts” vermitteln. Es sollte bloß nicht der Eindruck entstehen, wir täten es den vielen Angehörigen der „Mehrheitsgesellschaft“ gleich, die (Corona-)Mainstreampositionen vertreten, und schürten Hass und Hetze so wie sie. Zudem gilt es – oder galt es zumindest -, so viele Leute wie möglich auf seine Seite zu bringen und sie ebenfalls zur Teilnahme am Protest zu bewegen.Beispielsweise war es den „Querdenkern“ wichtig, dass sich so viele Menschen wie möglich, egal ob geimpft oder nicht, einer generellen oder einrichtungsbezogenen Impfpflicht sowie den ausgrenzenden 3G- und 2G-Maßnahmen zur Wehr setzen. Auch machte man sich allgemein für den Zusammenhalt Aller stark. Als ganz schrecklich empfanden viele kritisch und oppositionell Denkende es, wenn Freundschaften zerbrachen oder wenn gar das Tischtuch zwischen Familienmitgliedern zerschnitten war.
Gemischte Gefühle zum Harmonie-Zwang
Dieser Haltung stehe ich mittlerweile mit gemischten Gefühlen gegenüber. Natürlich ist es schade, wenn eine langjährige Freundschaft in die Brüche geht oder man mit Familienmitgliedern auf Kriegsfuß steht, weil man in puncto Zuwanderung, Ukrainekrieg oder Corona-Impfung unterschiedlicher Meinung ist. Andererseits war man auch vor der „Pandemie“ nur in den seltensten Fällen immer der gleichen Ansicht, geschweige denn, dass immer harmonische Eintracht geherrscht hätte; im Gegenteil. Meist gab es entweder schon vorher die ein oder andere Reiberei – oder man pflegte ein recht oberflächliches Verhältnis zueinander, wo nur unverfänglicher Smalltalk geführt wurde, ohne dass es je inhaltlich kontrovers „zur Sache“ ging. Ich persönlich habe es jedenfalls noch nicht erlebt, dass ich mich mit jemandem supergut verstanden habe, mit ihr oder ihm über alles reden konnte und durch dick und dünn gegangen bin, bis dann plötzlich völlig konträre Haltungen zu gewissen politischen Themen aufgetaucht wären, wegen der wir uns auf einmal spinnefeind wurden.Zwischentöne und Schattierungen sind selten: Die meisten Menschen vertreten entweder (fast) immer Mainstreampositionen oder (fast) immer die alternative Meinung. Also ist man sich entweder, egal um welches politische Narrativ es geht, weitestgehend einig oder größtenteils uneins. Höchstens gibt es mal einige Konflikte um einzelne konträre Positionen, die aber in ihrer Anzahl so gering sind, dass man über sie hinwegsehen kann und daraus kein großes Zerwürfnis resultiert. Mir sind jedenfalls keine Fälle bekannt, wo Menschen hinsichtlich Massenmigration, Energiewende, Abtreibung und Corona immer einer Meinung waren, jetzt beim Ukrainekrieg aber auf einmal völlig gegensätzliche Ansichten vertreten.