VonPed
Okt 2, 2022 Atomwaffen, Donald Trump, Geopolitik, Jake Sullivan, NATO
beruhen auf politischer, wirtschaftlicher, technologischer und ideologischer Macht. Was aber wenn all das bröckelt?
Gibt es eine Ursache-Wirkungs-Kette, deren Glieder fast zwangsläufig in eine Eskalation hin zu einem großen Krieg münden? Wer dreht an der Eskalationsschraube? Und ist dieses Eskalieren möglicherweise eines, dass immer wieder den Realitäten hinterher hechelt? Wem gilt dieses Eskalieren überhaupt? Wer sind die Gegner? Wenn wir uns darüber im Klaren sind, dass die Vereinigten Staaten von Amerika sich als „einzigartige Nation“ wähnen, können wir uns der Wahrheit rasch annähern.
Die Sabotage an den Nord Stream – Pipelines ist ohne Zweifel ein terroristischer Anschlag, und sie ist eine Machtdemonstration. Denn wer sich so etwas straflos leisten darf, hat sie, diese Macht und demonstriert sie gegenüber den Vasallen. Ja, wir können sogar davon ausgehen, dass die Vasallen „mit ins Boot“ geholt wurden, um diesen Sabotageakt umzusetzen. So wie Kleinkriminelle in der Abhängigkeit des Obergauners ihren Geschäften nachgehen dürfen.
Wenn jetzt europäische Politiker mit großer Geste umfassende und schonungslose Aufklärung des Verbrechens fordern, kann man das nur noch als eine jämmerliche Billig-Show klassifizieren. Auch der Beschuss des Atomkraftwerkes Saporoschje war und ist Terrorismus, und der von Donezk sowie von Kramatorsk ebenso, erst recht das „Massaker von Butscha“. Wer darf straflos jedes Verbrechen begehen? Es sind „die Einzigartigen“. Was bezwecken diese damit: Eskalation, das Provozieren emotionaler, irrationaler, unüberlegter Handlungen des Gegners.
Das Wesen der Exzeptionalisten
Es überraschte mich durchaus, in der deutschen Wikpedia das Folgende zum Exzeptionalismus der USA zu finden (Hervorhebungen durch Autor):
„Der Amerikanische Exzeptionalismus (englisch American Exceptionalism) ist eine nationalistische Ideologie, die auf dem Postulat basiert, dass die Vereinigten Staaten von Amerika eine Sonderstellung gegenüber allen anderen Nationen einnehmen.“ (1)
Nationalistische Ideologien sind für die eigene wie andere Gesellschaften gefährlich, weil unter anderem aus diesen sich der Faschismus nährt. Nach den Worten des US-Journalisten Stephen Kinzer drückt sich diese spezielle nationalistische Ideologie in der Weise aus, dass die USA
„die Einzigen in der Geschichte der Neuzeit seien, welche davon überzeugt wären, dass sie Gottes Werk verrichteten, in dem sie ihr politisches und wirtschaftliches System anderen bringen.“ (2)
Diese Einzigartigkeit, die nämlich auch mit dem Anspruch einzigartiger, konkurrenzloser, globaler Macht verbunden ist, bedeutet für die Eliten der USA seit nunmehr Jahrhunderten, an völkerrechtliche Vereinbarungen grundsätzlich nur insoweit gebunden zu sein, wie ihnen dies auch nützt (3).
Wer also wird von den führenden anglo-amerikanischen Eliten als (potenzieller) Feind angesehen? Die Antwort ist sehr simpel: Jeder! Sind wir in der Lage, diese fundamentale Sicht der Führer „einer regelbasierten Ordnung“ in die Geschehnisse um den Ukraine-Konflikt einzuordnen?
Für die Tribüne
Am 30. September briefte Jake Sullivan, nationaler Sicherheitsberater der USA, den NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg.
„Sie erörterten ihre gemeinsame Besorgnis über die unrechtmäßigen Versuche Russlands, ukrainisches Territorium mittels Scheinreferenden zu annektieren, und bekundeten ihr festes Engagement für die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine. Nach der offensichtlichen Sabotage der Nord Stream-Pipelines in der Ostsee erörterten sie den Schutz kritischer Infrastrukturen. Sie erörterten auch andere globale Herausforderungen und blickten dem bevorstehenden Treffen der NATO-Verteidigungsminister entgegen.“ (4)
Das ist sehr lustig, finden Sie nicht auch? Monatelang hatte sich eine Armada von NATO-Kriegsschiffen in jenen Gewässern herumgetrieben, in denen kurz darauf Löcher in die Leitungen von Nord Stream 1 und 2 gesprengt wurden (5). Und nun erörterten genau jene den „Schutz kritischer Infrastrukturen“, die das seit Jahren hätten umfassend tun können. Weil sie schlicht und einfach längst alle dafür erforderlichen Mittel besaßen. Aber das sedierte Medienpublikum schluckt auch diesen Brocken. Andererseits ziert man sich noch, Russland als angeblichen Saboteur namentlich zu nennen, warum? Und: Ist dieses Publikum der einzige Adressat obiger Meldung? Das dürfen wir bezweifeln.
Drei Aspekte wurden beim obengenannten Treffen genannt, die Referenden in der Ukraine, die Sabotage der Erdgas-Pipelines in der Ostsee und andere „globale Herausforderungen“. Die ersten beiden Punkte sind für die Galerie. Dass die NATO die Referenden und den damit verbundenen Verlust von Territorien für das faschistisch angehauchte Kiewer Staatskonstrukt nicht anerkennen, spiegelt lediglich den Realitätsverlust dieser Leute wieder. Sie leben in ihren verkrusteten Wunschvorstellungen und machen dies zu ihrer Scheinrealität.
„Der Schutz kritischer Infrastruktur“ ist genauso ein potemkinisches Dorf wie der „Klimaschutz“ und der „Kampf gegen Cyber-Kriminalität“, oder auch „der Krieg gegen das Virus“ oder „der Kampf gegen den internationalen Terrorismus“. Hätte der „Schutz kritischer Infrastruktur“ für die USA (hier vertreten durch Sullivan) wie auch für dessen Vasallen (hier vertreten durch Stoltenberg) eine echte reale Aufgabe dargestellt, wären die so geschehenen Angriffe auf die Nord Stream – Pipelines schlicht unmöglich gewesen, egal durch wen!
Also geht es überhaupt nicht um den „Schutz kritischer Infrastruktur“. Was also war der tatsächliche Grund für Sullivan, seinen NATO-Präfekten vorzuladen? Vielleicht der „anderer globaler Herausforderungen“? Hier hilft es uns, darüber im Klaren zu sein, dass Exzeptionalisten pathologisch unterwegs und damit auch paranoid sind. Sie sind dadurch gezwungen, ihre Konkurrenten — und das ist prinzipiell Jeder, beachten wir das — klein zu halten, Sie sind in einem Kontrollwahn gefangen. Solche Leute haben keine wirklichen Freunde, weil ein möglicherweise drohender Machtverlust sie stets umtreibt.
Trotzdem sind die Exzeptionalisten, jene die am ganz großen Rad drehen, in gewisser Weise rational. Sie prüfen durchaus, ob die eigene Politik den eigenen Untergang bedeuten könnte. Nur denken sie nicht komplex. Als Exzeptionalisten denken sie bipolar, sowohl in Betrachtung der beteiligten Akteure als auch in den Abläufen. Über einfache Kausalketten kommen sie im geostrategischen Denken nicht hinaus. Welche Strategie wird man aus einer solchen Verfasstheit wohl wählen? Nun, da potenziell alles und jeder als Konkurrent betrachtet wird, gilt es auch, stets darauf bedacht zu sein, alle ausreichend klein und abhängig zu halten. Und wie macht man das?
Man schleust seine U-Boote in die Entscheidungszentren der Konkurrenten, man züchtet sich das Personal. Man betreibt eine Politik des Teile und Herrsche und die der kreativen Zerstörung. Man produziert Krisen. Das Ergebnis sehen wir jetzt in Europa. Die Geschichte einer EU die sich mit der Ukraine gegen Russland verbündet hätte, ist ein Märchen. Das Gegenteil sehen wir, eine zunehmende Spaltung in und zwischen den Gesellschaften dieses bürokratischen Monsters. Wenn Stoltenberg bei Sullivan antritt, dann stimmt er das weitere Vorgehen im gerade beschriebenen Prozess ab.
Die bipolare Störung der „Einzigartigen“
So weit ist für die Exzeptionalisten derzeit (noch) alles fein. Wobei das so natürlich auch nicht stimmt, denn das System der USA selbst droht an den inhärenten Widersprüchen zu zerbrechen. Aber lassen wir das einmal außen vor.
Aber da gibt es ja noch Atomwaffen, vor allem neuartige Trägermittel in den Händen Russlands. Und man ist sich in Washington keineswegs sicher, dass man wirksame Mittel gegen diese Waffen aufzubieten hätte. Für Paranoide ist das natürlich furchtbar. Man will gern, dass die (subjektiv so gesehenen) Konkurrenten sich gegenseitig zerfleischen, aber seinerseits selbstredend außen vor bleiben, um zum Schluss abzusahnen und dabei auch noch den Retter in der Not zu geben.
Ironischerweise am Tag vor dem terroristischen Anschlag auf die Nord Stream – Pipelines markierte der US-Sicherheitsberater Jake Sullivan den starken Mann einer einzigartigen Nation, welche quasi unbesiegbar ist — oder doch eher den ängstlichen Rufer im Walde?
„Wir haben dem Kreml direkt, unter vier Augen und auf höchster Ebene mitgeteilt, dass jeder Einsatz von Atomwaffen katastrophale Folgen für Russland haben wird, dass die USA und unsere Verbündeten entschlossen reagieren werden, und wir haben klar und deutlich gesagt, was das bedeuten wird.“ (6)
Hier wird etwas ganz anderes deutlich: Neben der angesprochenen Paranoia wächst die Gewissheit, dass Russland tatsächlich erfolgreich, also mindestens für die Auslöschung des „Paranoiden selbst“ erfolgreich, Kernwaffen einsetzen könnte. Dabei überhaupt noch nicht realisierend, dass die neuen Trägermittel, über die Russland verfügt, den Gebrauch von Kernwaffen als strategische Drohkulisse sogar erübrigen könnten. Auf jeden Fall ist man in der berechtigten Furcht, dass Russland möglicherweise ganz und gar nicht blufft, wenn es von fortgeschrittenen, überlegenen Raketensystemen spricht. Weiter gedacht wusste man an jenem Tag bereits von dem anstehenden Anschlag auf Nord Stream und schloss von sich auf andere, nämlich dass Russland zu einer „Kurzschlussreaktion“ fähig sein könnte.
George (a1, dessen Zitationen im Weiteren in blau und kursiv gekennzeichnet) meint dazu:
„Nun, »der Westen« hat einen weiteren Wutanfall wegen Putins angeblicher Äußerungen, die mit dem Einsatz von Atomwaffen drohen. Wie ich bereits beim letzten Mal erwähnte, war dies ein Thema in einer Pressekonferenz mit Peskow, noch vor Putins Ansprache an die Nation, und auf Nachfrage sagte Peskow nur: »Lesen Sie die Doktrin, da steht alles drin» (7). Das ist so ähnlich wie der Rat, den die altgedienten LINUX-Gurus immer gaben, wenn sie mit Fragen von Neueinsteigern konfrontiert wurden. LINUX-Gurus sind immer freundlich und hilfsbereit, aber wenn es um bestimmte Standardfragen geht, sagen sie immer »RTFM», »Read The Fucking Manual» [Lies das verdammte Handbuch].“ (a1i)
Nein, Russland blufft nicht. Andererseits kann man auch nicht sagen, dass Russland droht. Deren Doktrin ist eindeutig. Wenn die Existenz des Landes bedroht ist, werden sie alle ihnen zur Verfügung stehenden und erforderlichen Waffen einsetzen. Das würde zum Beispiel der Fall sein, wenn die US-geführten NATO-Verbände mit ukrainischem Personal und den Symbolen des Dritten Reiches den Krieg auf russisches Territorium tragen würden.
In einer Grauzone, einer von den Exzeptionalisten herbeigeführten, auf Eskalation bauenden Grauzone befinden wir uns bereits. Wenn Russland diesen Zustand als existenzbedrohend einschätzen sollte, dann wäre auch nicht die Ukraine von Atomwaffen betroffen, wie US-Politiker es herumfantasieren, ja es sich vielleicht gar insgeheim wünschen, sondern die Nervenzentren der „Einzigartigen“. Wobei das Atomwaffen gar nicht sein müssten, der Westen spiegelt hier nur immer aufs Neue sein eigenes Drohpotenzial. So weit sind wir — und das ist doch erfreulich — noch nicht und es muss auch nicht so weit kommen. Die Dinge sind eben nicht vorbestimmt.
Es geht den derzeitigen Entscheidern in den USA in keiner Weise um die Ukraine. Die Ukraine ist nichts weiter als Mittel zum Zweck. Russland ist es, was „ihnen am Herzen liegt“. Weil Russland einfach zu stark, vor allem zu unabhängig in seinen Entscheidungen geworden ist. Für Exzeptionalisten ist das unerträglich. Ahnt ein Sullivan dunkel, dass auch für seine Gilde mehr als etwas nur Ernsthaftes auf dem Spiel steht? Dass sich das Spielfeld von der Ukraine sehr rasch und sehr weit weg verlagern könnte?
Mein Kontakt sieht es so:
„Wenn man sieht, wie Leute wie Sullivan oder Staatssekretär Blinken mit diesem Thema umgehen, könnte man versucht sein — wenn man zum Beispiel ein russischer Diplomat oder Sprecher ist —, einfach RTFM [Lies das verdammte Handbuch] zu sagen. Was wirklich vor sich geht, ist etwas interessanter, aber ich vermute, man muss wie ein russischer Diplomat oder Geheimdienstler denken, um es zu erkennen.“ (a1ii)
„Die USA, und damit der Westen, haben ein Problem. Natürlich haben sie mehrere Probleme. Das wichtigste und weitreichendste Problem ist die strategische Sicherheitsbeziehung zwischen den drei wichtigsten Atommächten USA, Russland und China. In der einfachsten Form ist das die „tripolare Welt“. Trump versuchte, das Problem anzugehen, indem er die tripolare Welt anerkannte, und wollte daher neue Gespräche über die strategische Rüstungsreduzierung führen, die auch China einschließen sollten:“ (a1iii)
George verkürzt hier für uns dankenswerter Weise das hochkomplexe System der multipolaren Weltordnung das im Aufbau begriffen ist, auf eine tripolare Welt und tut das auch in Betrachtung der strategischen Sicherheitsbeziehungen, was es uns erleichtert, das grundsätzliche Problem zu identifizieren. Denn die Exzeptionalisten können nicht anders als bipolar denken. Es sind Ideologen. Sie verkürzen viel weiter, nämlich auf etwas vermeintlich Berechenbares, weil vermeintlich Quantifizierbares: „Sie selbst und die anderen“. So führen sie auch den Krieg in der Ukraine nach dem Motto „Viel hilft viel.“ Sie setzen einfach den Einsatz immer höher und meinen, die Gegenseite könnte ebenfalls nur so reagieren. Das nennt man dann Eskalation.
Aber der Einsatz ist gestohlen! Es ist der Einsatz ukrainischer Ressourcen, der im Blut der ukrainischen Soldaten und dem Auffressen der ukrainischen Ressourcen mündet. Aber eben auch dem Vernichten wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Lebenskräfte des „alten Europa“. Die USA saugen für ihren Krieg um Hegemonie die Ressourcen der anderen ab, womit jene anderen zwangsläufig geschwächt werden. Das ist hochgradig parasitär und fern jeder wahrhaftigen Empathie. Die USA spielen mit fremden Karten — noch.
Was ist aus Trumps Bestrebungen geworden, neue Gespräche über strategische Rüstungreduzierung geworden (Hervorhebung durch Autor):
„China sagte nein, Russland sagte nein. Dieses ‚Nein‘ wurde offiziell mit der Tatsache begründet, dass China ein Neuling in der Welt der strategischen Rüstung ist. In Wirklichkeit bedeutete dieses ‚Nein‘ jedoch, dass es schlicht nicht praktikabel ist, China in Gespräche über strategische Rüstung einzubeziehen, wenn es Russland und den USA nicht möglich ist, miteinander zu reden und einen intellektuellen neuen Bereich der Sicherheitsbeziehungen zu finden, der anerkennt, dass wir uns nicht mehr in der MAD-Welt (Mutually Assured Destruction — gegenseitig zugesicherte Zerstörung) befinden.“ (a1iv)
„Und dass solche Gespräche daher nicht mehr im alten Stil stattfinden können, bei dem Raketen und Sprengköpfe gezählt werden und dann so getan wird, als ob eine Formel gefunden wird, die alle Seiten als „ausgewogen“ bezeichnen können. Bei den alten Gesprächen ging es also um die Aufrechterhaltung von MAD, und allein aus diesem Grund musste Russland „Nein“ sagen. Die Tatsache, dass China über eine bestimmte Anzahl von Raketen und Sprengköpfen unterschiedlicher Tonnage verfügt und dass China nicht wollte, dass seine Zahlen in irgendwelche „Gleichgewichts“-Gleichungen einfließen, war lediglich der Beweis dafür, dass durch das Zählen von Raketen und Sprengköpfen keine neuen Vereinbarungen erzielt werden können.“ (a1v)
George kennt sich mit formalen, mathematischen Modellen scheinbar gut aus.
„Das alte System, das bipolare System, hatte seinen Zusammenbruchspunkt a la Gödel erreicht: Wenn ein System vollständig ist (wir zählen eure Raketen, ihr zählt unsere), ist es inkonsistent (weil die russische Dominanz auf dem Gebiet der strategischen Waffen nicht auf der Anzahl der TNT-Äquivalent-Nutzlasten beruht); wenn es konsistent ist, ist es unvollständig (weil China nicht einbezogen ist).“ (a1vi)
Hier wird auf den österreichischen Mathematiker und Philosophen Kurt Gödel Bezug genommen. Nach dessen Erkenntnissen ist, verkürzt ausgedrückt, jedes System entweder widersprüchlich oder unvollständig. Der diesbezüglich unbedarfte Autor sieht, dass das oben erörterte „Gleichgewicht des Schreckens“ widersprüchlich ist, selbst wenn man alle Quantitäten erfassen würde. Vor allem jedoch würden die Exzeptionalisten nicht „den Dritten“ miteinbeziehen. Für die „Einzigartigen“ gibt es keinen wirklichen Unterschied zwischen Russland und China. Beide sehen sie als Gefahr und sie fürchten sich davor, dass sich diese Staaten gegen den Allmachtsanspruch der „Einzigartigen“ verbünden könnten.
Die Befürworter konkurrierender Systeme meinen zwangsläufig bipolare Systeme. Jeder Spieler spielt in Konkurrenz gegen alle anderen, um für sich den maximalen Vorteil zu „erwirtschaften“ und er gewinnt auch nur dann, wenn er — ganz wie beim Monopoly — alle anderen besiegt hat. Der Kapitalismus ist voll von solchen angewandten Modellen und es zeigt sich immer wieder, wie diese am realen Leben scheitern. Unter Zuhilfenahme der Mathematik hat man allerdings versucht, dieses in seinem Wesen ideologische und eben nicht erkenntnistheoretische Modell als eine Art Naturgesetz zu beweisen. Dabei mit dem wahnhaften Anspruch hantierend, den Menschen selbst in formale, mathematische Modelle zu pressen und ihn nach diesen zu formen und zu behandeln. Bekannte Vertreter seien genannt: David Hilbert, Bertrand Russel, Johann von Neumann und Norbert Wiener.
Der vorrangige Fokus auf Quantitäten führt zur Verschwendung von Ressourcen, zu Ineffizienz und letztlich sogar geistigem Stillstand und dem Verlust von Qualitäten. Das ist destruktiv. Was nützen den USA ihre Monster von Flugzeuträgern, wenn diese nunmehr durch neue Qualitäten von Waffentechnologien praktisch nicht mehr geschützt werden können? Gibt es Eliten in den USA, welche dies zu erkennen, vor allem aber darauf zu reagieren in der Lage sind (Hervorhebung durch Autor)?
„Diese Verschiebung wird dadurch notwendig, weil Russlands neuer Mix aus defensiven und offensiven Systemen die bisherige Rüstungspolitik der USA schachmatt setzt. Die Russen haben sowohl ein außenpolitisches als auch ein militärpolitisches Schachmatt erreicht. Alle neuen Gespräche mit den USA müssen dieses Schachmatt als Tatsache ehrlich anerkennen. Eine Möglichkeit, diese Tatsache anzuerkennen, besteht darin, Russland nicht zu einem terroristischen Staat zu erklären, denn wenn ein solcher politischer Radikalismus als US-Politik durchgehen würde, müssten alle diplomatischen Beziehungen zu einem so bezeichneten Land abgebrochen werden. In diesem Fall wäre die einzige Möglichkeit der USA, auf Russland zu reagieren, ein selbstmörderischer Versuch eines nuklearen Erstschlags.„ (a1vii)
Den meisten Menschen wird nicht bekannt sein, dass im Juli des Jahres der US-Senat eine Resolution verabschiedete, in welcher gefordert wird, Russland als staatlichen Sponsor des Terrorismus zu verurteilen (8). Wie eingangs bereits unterstrichen, sind es immer „die Anderen“, welche Terrorismus betreiben, „der Einzigartige“ setzt „lediglich die regelbasierte Ordnung“ durch. Millionen Tote in Korea, Vietnam, Irak, Syrien, Afghanistan usw. usf. legen von dieser bemerkenswerten Projektion des terroristischen Staates USA Zeugnis ab.
Glauben Leute wie Sullivan oder US-Außenminister Blinken tatsächlich, man könnte durch einen langwierigen Krieg Russland auslaugen, so in etwa wie ab den 1970-er Jahren die Sowjetunion unter anderem durch ein Wettrüsten wirtschaftlich ruiniert wurde? Das ist Denken in Quantitäten, statt in Qualitäten. Und sie sind möglicherweise immer noch in dem Glauben gefangen, Russland auf diese Weise erpressen, gefügig machen zu können. Dem steht einiges entgegen, unter anderem deshalb, weil die „Gestalter“ des Imperiums nicht nur Russland sondern auch Europa zu ruinieren beabsichtigen.
Ist es diese Position, aus der heraus der Nationale Sicherheitsberater der USA Russland warnte, Atomwaffen einzusetzen? Neue Qualitäten hebeln das Spiel mit Zahlen aus (Hervorhebung durch Autor):
„Nun, Mr. Sullivan, RTFM [„Lies das verdammte Handbuch“]. Russland hat nicht mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht. Schon gar nicht in der Ukraine, und zwar aus den Gründen, die ich bereits erläutert habe: Atomwaffen sind das Spiel des armen Mannes, nützlich als Abschreckungsdrohung, nutzlos, wenn sie tatsächlich eingesetzt werden. Auf taktischer oder operativer Ebene kann der arme Mann den Einsatz von Atomwaffen in Erwägung ziehen, weil er glaubt, dass sie den größten Nutzen für sein Geld bringen. Der reichere Staat muss nicht auf solche Mittel zurückgreifen, weil er über strategische Tiefe verfügt und weil er taktische und operative Ziele mit nichtnuklearen Instrumenten effektiver und tödlicher erreichen kann.„ (a1viii)
Wozu benötigt Russland dann überhaupt noch Atomwaffen?
„Russlands „nukleare Haltung“ ist einzig und allein dem strategischen Verhältnis zwischen Russland und den USA/NATO gewidmet: Sollte sich die US/NATO-Combo in der Position des armen Mannes wiederfinden und daher versucht sein, Atomwaffen einzusetzen, um zumindest ein gewisses Maß an Erfolg zu erzielen, wird Russland dieser Versuchung mit seinem gesamten Offensiv- und Defensivarsenal begegnen. Indem er dies zum x-ten Mal sagt, behauptet Putin eine überlegene Abschreckung. Die Wutausbrüche von Sullivan und Blinken zeigen den Russen, dass die Botschaft der Abschreckung angekommen ist, unabhängig davon, was diese beiden Beamten in der Öffentlichkeit sagen. Das öffentliche Bluffen ist der Beweis dafür, dass die Botschaft angekommen ist.“ (a1ix)
„Putin sagt: »Wir bluffen nicht«. Nun, man kann es glauben oder nicht, und das ist es, worauf sich die meisten Menschen konzentrieren. Die tiefere Wahrheit ist, dass Bluffen eine Taktik in einem Glücksspiel ist, aber die Russen spielen nicht einmal. Wir werfen eine Münze: bei Zahl gewinne ich, bei Kopf verlierst du.“ (a1x)
Der Hegemon versucht krampfhaft zu verhindern, dass seine Schwäche offensichtlich wird. Wenn Vasallen die Schwäche des Herren spüren, werden sie sich irgendwann von ihm lösen. Sie werden sich entweder einen neuen Herren oder eigene Wege suchen. Das Selbstverständnis des Vasallen betrachtet das Abhängigkeitsverhältnis zu seinem Herren auch und gerade als das zu einem Schutzherren. Werden sie, die Vasallen denn noch geschützt? Profitieren sie denn überhaupt noch von ihrer Rolle? Das ist nicht erkennbar und damit steht das Verhältnis zwischen Herren und Vasallen akut in Frage.
Im Grund sind die derzeitig domierenden anglo-amerikanischen Eliten in einer prekären Lage und deshalb haben sie nunmehr begonnen, immer mehr Druck auf ihre eigenen Vasallen auszuüben, bis hin zum immer offener gezeigten Terror. Sie eskalieren, erhöhen die Einsätze und beginnen die Vasallen auszuweiden. Doch je unverblümter sie diesen Prozess betreiben, desto fragiler wird das Konstrukt. Die nunmehr voll ausgebrochenen Krisen in den Gesellschaften des Euro-Raumes eröffnen auch ganz neue Möglichkeiten!
Die Träume vom begrenzten Atomkrieg
Reden wir weiter von Abhängigkeiten:
„Ich gebe zu, dass ich im März 2018 etwa zwei Wochen gebraucht habe, um zu beurteilen, was Putin in der Duma gesagt hat. Als ich glaubte, es herausgefunden zu haben, kontaktierte ich ein paar alte Freunde im deutschen Militär, Leute, die entweder im Verteidigungsministerium gearbeitet hatten oder immer noch dort arbeiten, alle »i.G.«, »im Generalstab«.“ (a1xi)
Zum Verständnis: In einer Rede vor dem russischen Parlament stellte der russische Präsident am 1. März 2018 neue Waffentechnologien vor, unter anderem Hyperschallwaffen (9). Russland hatte damit auf eine seit Jahren vorangetriebene Änderung der US-Nukleardoktrin reagiert. Diese ließ für die US-Strategen einen begrenzten Atomkrieg als mach- und gewinnbar erscheinen. Die Schwelle für den Einsatz von Kernwaffen hatten die USA damit massiv abgesenkt (10). Auf massive quantitative Veränderungen der quantitativ stärksten Atommacht hatte Russland allerdings asymmetrisch, qualitativ und effektiv reagiert. Nicht vordergründig beabsichtigt, könnte dies zum Nutzen der europäischen EU-NATO-Staaten gereichen:
„Meine Einschätzung: Putin hatte den nicht existierenden US-Atomschild über den Euro-NATO-Ländern in den Ruhestand versetzt und durch einen russischen Schild über ganz Europa ersetzt, und zwar kostenlos. Russland hat das aus eigenem Interesse getan, unabhängig von jeglicher Rücksichtnahme oder Absprache mit anderen europäischen Staaten, so dass aus dem russischen Schutz Europas kein Abhängigkeitsverhältnis entstanden ist.“ (a1xii)
Was genau möchte uns George mit dem „nicht existierenden US-Atomschild über den Euro-NATO-Ländern“ sagen?:
„Meine Einschätzung wird Sie zweifellos überraschen. Es ist wichtig, sauber zwischen dem NATO-Schmiergelaber und der Realität unterscheiden zu können. Hat der nukleare Schutzschild der NATO und der USA über Europa, der Europa während des „Kalten Krieges“ angeblich vor einer sowjetischen Invasion bewahrt hat, für Sie jemals einen Sinn ergeben? Wahrscheinlich haben Sie nie gefragt, ob er sinnvoll war.“ (a1xiii)
Ein begrenzter Atomkrieg war schon in früheren Zeiten von US-Strategen ins Spiel gebracht worden. Der Leser kann sich denken, wo man gedachte, diesen begrenzten Atomkrieg auszutragen?
„So war Europa der „Schauplatz“ für das Spiel mit dem „begrenzten Atomkrieg“, das auf James Schlesinger zurückgeht, der die Ansicht vertrat, dass die USA die klassischen Maßstäbe für nationale Macht — Wissenschaft, Technologie, Industrie, gebildete Bevölkerung usw. — nicht brauchen. — weil sie ihre weltpolitischen Ziele durch die Projektion von Abschreckungsmacht erreichen und, wenn eine Situation zu brenzlig wird, einen begrenzten Nuklearkrieg führen können. Weder die Sowjetunion noch Russland hatten später jemals eine Doktrin für eine begrenzte nukleare Kriegsführung.“ (a1xiv)
Das folgende klingt ungeheuerlich. Die Politik der verbrannten Erde, welche von der deutschen Wehrmacht bei ihren Rückzügen im Zweiten Weltkrieg praktiziert wurde ist ja sicher vielen bekannt. Was aber, wenn ein Verbündeter seinen Vasallen im Feuer aufgehen lässt, weil er einen begrenzten Krieg nicht gewinnen kann? Das Undenkbare ist es nicht für die „Einzigartigen“:
„Die begrenzte nukleare Kriegsführung, wie sie in den NATO-Übungen tatsächlich geprobt wurde, sah eine Politik der »Verweigerung«, d.h. der Verweigerung der Beute, in Europa vor, so dass die US-Streitkräfte im Falle eines heißen Konflikts in Europa nicht auf Soldaten und Ausrüstung zurückgreifen würden. Stattdessen würden sie Deutschland zerstören, um der Sowjetunion die »Beute des Sieges« vorzuenthalten.“ (1axv)
Vergessen wir nicht, dass zu jener Zeit sowjetische Soldaten in Deutschland stationiert waren. Wussten deutsche Politiker davon?
„In der Anfangsphase dieses Kriegsspiels war die eigentliche Doktrin, die dahinter stand, ein Geheimnis: Als Helmut Schmidt umkippte und das Bewusstsein verlor, als ihm im Pentagon die nuklearen Zielpläne gezeigt wurden, hatte die NATO diese Doktrin der »Verweigerung« noch nicht in die Kriegsspielmanöver integriert. Das geschah etwas später, unter Helmut Kohl, und zu diesem Zeitpunkt drängte Willy Wimmer Helmut Kohl, die Teilnahme deutscher Militärs an solchen Manövern zu verweigern.“ (1axvi)
Schmidt, Kohl und Wimmer waren nicht die Einzigen, die mit dieser irrsinnigen Kriegsstrategie ihres Herrn konfrontiert wurden:
„Ende letzten Jahres, so habe ich berichtet, hat Klaus von Dohnanyi, der alte SPD-Freund von Helmut Schmidt, die gleiche Geschichte erzählt. Er berichtet in dem Buch »Nationales Interesse«, dass er Schmidt auf das Thema ansprach, woraufhin Schmidt zugab, dass er davon wusste (was damals ein Geheimnis war), aber dass er, Schmidt, aus der NATO austreten und die deutsche Neutralität erklären würde, wenn sich die Dinge in diese Richtung entwickelten. Dohnanyi behauptet, er habe Schmidt gesagt, »dann wird es zu spät sein«.“ (1axvii)
Seien Sie nicht allzu erschüttert, liebe Leser, in Osteuropa werden gerade ein Land und seine Menschen für einen Krieg der USA gegen Russland verheizt. Vom Grundsatz her sehe ich da keinen Unterschied.
„In den Schmidt-Jahren wurde mir vom Bundesverteidigungsministerium ein Maulkorb verpasst, damit ich nie über dieses Thema sprechen konnte. Auf einer NATO-Konferenz in Brüssel, als Richard Burt Botschafter der USA in Deutschland war, fragte ich Burt: »Glauben Sie wirklich, dass die Sowjets in Europa einmarschieren würden?«, und Burt antwortete: »Natürlich nicht. Alles, was sie bekommen würden, ist Deutschland, und wir würden ihnen die Beute verweigern.«“ (1axviii)
Alles Projektion
Das Sprichwort lautet: „Was ich selber gerne tu, trau ich auch den andern zu.“ Warum bringe ich das hier? Der Artikel leitete unter anderem mit der Stellungnahme des Nationalen Sicherheitsberaters der USA Jake Sullivan ein, in der er betonte:
„Wir haben dem Kreml direkt, privat und auf sehr hoher Ebene mitgeteilt, dass jeder Einsatz von Atomwaffen katastrophale Folgen für Russland haben wird und dass die Vereinigten Staaten und unsere Verbündeten entschlossen reagieren werden. Und wir haben klar und deutlich gesagt, was das bedeuten wird.“ (6i)
„Ich habe schon beim ersten Mal angedeutet, dass dies ein Bluff ist: «katastrophale Folgen für Russland«. Der Titel des CTH-Artikels lautet: »Nationaler Sicherheitsberater Jake Sullivan erklärt, dass die USA niemals die Kontrolle über die Ukraine als Stellvertreterstaat aufgeben werden«. Wenn es sich nicht um einen Bluff handelt, will Sullivan damit sagen, dass die USA taktische Atomwaffen einsetzen würden, um Russland die Beute im Donbas zu verweigern.“ (a1xvix)
Nach dem was wir gerade aus dem Deutschland der 1970-er und 1980-er Jahre gehört haben: Wer kann sicher sein, dass die USA nicht auch in der Ukraine mit dem Gedanken spielen, taktische Atomwaffen einzusetzen? Vor allem dann, wenn ihnen klar wird, dass die Felle bereits dabei sind fortzuschwimmen? Was die Strategen in Washington als sehr realistisches Zukunftsszenario einschätzen. Wobei noch hinzukommt, dass Russland natürlich vom strategischen US-Konzept der „Verweigerung“, einer Hinterlassung nuklear verbrannter Erde, weil man einen Krieg nicht mehr gewinnen kann, Kenntnis hat. Ja, nicht nur Russland, die ganze Welt weiß es. Man muss sich nur an den Korea-Krieg (1950 bis 1953) erinnern.
Bevor sich die USA als absehbarer Verlierer aus dem Korea-Krieg zurückzogen, ja mitten in diplomatischen Verhandlungen über einen Waffenstillstand, führten sie eine Luftoperation durch, die sie „General Destruction Program“ oder auch „allgemeines Vernichtungsprogramm“ nannten (11, 12). Ganz abgesehen davon, dass die US-Strategen auch in jenem Krieg permanent mit der Keule eines Einsatzes von Atomwaffen drohten.
Das politische Spiel Washingtons gegen die Unbootmäßigen war stets von Drohungen und Erpressung geprägt. Dabei wurde bei Nichterfüllung der Erwartungen der Druck immer mehr erhöht, mit den immer gleichen Mitteln, Quantitäten eben. Die Wirtschaftssanktionen gegen Russland, vorrangig jene der Vasallen Washingtons haben inzwischen ein quantitatives Ausmaß erreicht, dass sie praktisch jede Sinnhaftigkeit verloren haben und die Urheber an ihnen selbst zu ersticken drohen. Einen Hebel gegen Russland stellen sie nicht mehr wirklich dar.
Allerdings hatte man in der Vergangenheit immer ein starkes Blatt bei diesem Poker in der Hand und die Statisten am Tisch waren sich dessen bewusst. Sullivans Aussage kann man auch als eine typische Drohung verstehen, um die Situation zu eskalieren und Russland irgendwie doch noch „zu bewegen“ an den Verhandlungstisch nach Washingtons Gnaden zurückzukehren. Das wäre die Kapitulation auf Raten, die man sich mit solchen strategischen Spielchen erhofft. Aber Sullivan hat nicht nur ein schwaches Blatt in der Hinterhand, sondern auch keinen Mitspieler mehr, warum?
Russlands Anerkennung der Referenden in Lugansk, dem Donbass, der Region Saporoschje und Cherson mag der wutschnaubende „Wertewesten“ ja gern als unrechtmäßige Annexion verurteilen (der Kosovo lässt grüßen). Doch steckt dahinter eine geopolitische Dimension. Russland hat den Spieltisch verlassen. Es gibt nichts zu verhandeln über Territorien, die ein Teil Russlands sind oder in Kürze werden. Das kann man gut oder schlecht finden, aber so sieht die Realität aus. Sollte Sullivan tatsächlich verdeckt mit der Karte taktischer Kernwaffenschläge gedroht haben wollen, dann ging dies ins Leere. Nun ja, man kann es ja nochmal mit einem Bluff versuchen …
US-Senator Chris Murphy befürchtete am 25. September, dem gleichen Tag an dem Sullivan seinen Spielzug mit schwacher Hinterhand, seine Drohung gegenüber Russland abließ, jenem Tag an dem die Referenden in den oben genannten Gebieten begannen:
„Wenn die Republikaner die Kontrolle über das Repräsentantenhaus oder den Senat erlangen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie jede weitere Hilfe für die Ukraine aussetzen werden. Ich denke, es besteht ein echtes Risiko, dass es mit dem aktuellen Hilfspaket das letzte Mal sein wird, dass wir die Ukraine unterstützen.“ (13)
Am 8. November 2022 finden die nächsten Wahlen zum US-Kongress statt.
Die Konsequenzen
Was bedeutet das? Was bedeutet es vor allem für Deutschland? Es wird immer offensichtlicher, nach innen wie außen, dass dieses Land nicht souverän ist. Es ist ein Vasall, ja weniger als das. Denn einem Vasallen werden vom Hegemon Vergünstigungen und vor allem Schutz zugesichert. Das ist sozusagen die Geschäftsgrundlage. Eine die nicht mehr besteht. Jeder kann es sehen, dass der Kaiser nackt ist.
So gesehen ist Deutschlands Beziehung zu Russland gar nicht das Primärproblem, sondern dass zu den USA. Für Russland ist Deutschland übrigens auch nicht mehr ein Schwerpunkt ihrer außenpolitischen Bemühungen. Moskau weiß, dass Deutschland nicht souverän ist. Gelingt es Deutschland, tatsächliche Souveränität zu erlangen, werden sich die Dinge bewegen. Ansonsten wird sich auch Deutschland, so wie die Ukraine in einem europäischen Krieg verheizen lassen. Damit das Imperium noch ein paar Jahre länger dahinsiechen kann.
Das ist die gar nicht lustige Quintessenz: Nicht Russland ist Deutschlands Kriegsgegner sondern der Tiefe Staat in den USA, aus dem heraus die Exzeptionalisten die Geschicke der Welt zu gestalten trachten.
„Erinnern wir uns an die andere Geschichte, in der Trump kürzlich erzählte, wie er Angela Merkel eine weiße Fahne zeigte, damit sie sich Russland ergeben konnte. Merkel hatte Deutschland bereits in eine „Beute“ verwandelt, die niemand mehr haben wollte. Für sie war der Nord Stream 2 ein Geschäft, das ihr inmitten einer ansonsten völlig zerstörerischen Wirtschaftspolitik ein gewisses Maß an wirtschaftlichem Überleben garantierte. Jetzt ist Deutschland am Ende seines Deindustrialisierungsseils, aber dieses Seil wurde mit dem Beginn der Finanzialisierung nach der deutschen Wiedervereinigung aufgespannt.“ (a1xx)
Die „Beute“ bezieht sich auf die weiter oben offengelegte US-Strategie der 1970-er Jahre, die allerdings aber bereits zuvor, zum Beispiel im Korea-Krieg angewendete wurde. Diese besagt, dem Feind ein fremdes Territorium (Deutschland) nicht als „Beute“ zu überlassen und dieses Gebiet stattdessen, mitsamt den Menschen die dort leben, zu verheeren. Braucht Deutschland einen Partner dieser Art? Nicht einmal ein Vasall wird so behandelt. Trump bietet Deutschland ja wenigstens die wahrhaftige Rolle eines Juniorpartners der USA an, gesteht also Deutschland ein Maß an Souveränität zu, welches es zuvor nie besaß.
„Trump [bzw. die einflussreichen Eliten hinter ihm] boten einen Ausweg. Trump bietet Scholz nun die Option, Nord Stream 2 zu öffnen und dann gemeinsam mit einer Trump-USA an einem Weg zu arbeiten, der verhindert, dass dies zu einer Kapitulation vor Russland wird. Das bedeutet eine Reindustrialisierung Deutschlands, was den Tod der Davoser Pläne und der EZB bedeutet.“ (a1xxi)
Kapitulation vor Russland?
Dass die Gebiete, in den Referenden zum Anschluss an Russland durchgeführt wurden, irgendetwas mit Kapitulation zu tun haben, darf doch sehr diskutiert werden. Im Westen weiß kaum einer, was sich die Menschen dort ersehnten und für die „Einzigartigen“ scheint ausgerechnet ein freier Wille der Menschen, Teil von Russland zu werden, der Horror schlechthin zu sein. Also strickt man sich und den Konsumenten eine Geschichte zusammen, nach der im Donbass eine Abstimmung mit vorgehaltener Waffe erzwungen wurde.
Folgerichtig hagelt es in den westlichen Medien Meldungen, dass diese Referenden nicht anerkannt würden, von keinem in der „freien Welt“. Ja, und?
„Bei all dem geht es nicht darum, ob irgendein Land — z. B. Serbien, Ungarn oder die Türkei — mit Russland in der Frage der Anerkennung der Referenden im Donbass brechen würde. Russland und die Menschen im Donbass schaffen Fakten. Es gibt weder eine Weltregierung noch eine Weltmacht, die Russland daran hindern kann, solche Tatsachen zu schaffen, und Russland ist auf die Zustimmung von niemandem angewiesen. Solange eine neue Sicherheitsarchitektur nicht auf die Tagesordnung gesetzt werden kann, wird Russland die Rolle spielen: „Die Starken tun, was sie können, die Schwachen leiden, was sie müssen“. Sie machen die Regeln.“ (a1xxii)
Russland schlägt auf der Ebene des Völkerrechts den Westen mit seinen eigenen Waffen. Denn jener hatte mit dem Selbstbestimmungsrecht der Völker argumentiert, als er handfest Separatisten in Jugoslawien, der Türkei und dem Irak unterstützte (nur als Beispiele). Gerade die Türkei und Serbien haben sehr nachvollziehbare Gründe, die Referenden nicht anzuerkennen. Man beachte die Abspaltungsversuche, die es dort gegeben hat (Stichwort Kosovo und Kurden). Das ist also nicht gleichzusetzen mit einer sklavischen Haltung gegenüber dem Noch-Hegemon.
„Wir befinden uns also in einer Arena des Völkerrechts, in der neue Regeln und neue Gesetze geschaffen werden, und dies geschieht am Ende von Kriegen.“ (a1xxiii)
„Hätte es eine ukrainische Vereinbarung zur Umsetzung von „Minsk III“ [gemeint sind die Verhandlungen im März 2022] gegeben, dann hätte es bei Abschluss eines durchsetzbaren Abkommens einen „Rückzug“ der russischen Streitkräfte geben können. Aber die Ukraine hat bewiesen, dass sie lediglich ein Stellvertreter für einen Krieg gegen Russland selbst ist.“ (a1xxiv)
„Russland wartete, bis dies eine offensichtliche und unbestreitbare Tatsache war, während es gleichzeitig verkündete: »Seid vorsichtig, was ihr tut, denn wenn ihr die angegebenen roten Linien überschreitet, bindet ihr uns nur die Hände auf«, was sich leicht mit »Kopf, ich gewinne; Zahl, ihr verliert« übersetzen lässt. Schon damals hielt sich Russland an die »alten Regeln«, insbesondere im Hinblick auf § 51 der UNO-Charta, der die Legitimität präventiver Selbstverteidigung vorsieht.“ (a1xxv)
Hinzu kommt die neue Waffe R2P [Responsible to Protect = Verantwortung zu Schützen], das (Völker-)Recht andere schützen zu müssen (!), das der Westen im Falle Libyens umgesetzt hat. Russland dreht nun den völkerrechtlichen Spieß um und argumentiert, eine moralische Pflicht zu erfüllen, wenn es sich um den Schutz der russischen Ethnie in der benachbarten Ukraine kümmert. Freilich kann es dies alles nur deshalb tun, weil die globalen Machtverhältnisse sich in den vergangenen 15 Jahren grundlegend verschoben haben.
„Unabhängigkeit — wie es in der Unabhängigkeitserklärung der USA heißt — nach dem Willen des Volkes ersetzt die Ansprüche eines Staates auf das Recht der territorialen Integrität.“ (a1xxvi)
Fazit
Die „Einzigartigen“ wenden erprobte, bekannte, immer das gleiche Muster abbildende Strategien an, um ihren globalen Herrschaftsanspruch durchzusetzen. Die operativen Methoden mögen variieren, aber die Strategien sind starr und berücksichtigen nicht die Veränderungen, die um sie herum vor sich gehen. Sie reflektieren auch ungenügend bis gar nicht das eigene Handeln.
Daraus ergeben sich Risiken, mit dem größten anzunehmenden Unfalls eines heißen Weltkrieges. Aber gleichzeitig eröffnen sich Chancen. Denn die Widersprüche des Systems, von dem die „Einzigartigen“ Ressourcen absaugen, treten offen zu Tage. Wege aus der Matrix eröffnen sich, Chancen auf Veränderungen in der Gestaltung der Gesellschaften, auch der deutschen. Das ist die positive Essenz der ganzen Misere dieser Tage. Es ist naiv zu glauben, dass so etwas schmerzfrei und ohne Widerstand über die Bühne gehen könnte. Aber entmutigen muss uns das ganz und gar nicht. Einpreisen müssen wir es schon.
Noch einmal zu Trump: Was hat der Mann mit der aktuellen Ukraine-Krise oder auch mit der Energie-Krise am Hut? Wieso kann Trump überhaupt Machtpolitik spielen? Spielen? Er betreibt sie, denn er hat praktische Macht.
Wer Macht besitzt — das folgende muss man nicht gut finden und ich selbst finde es auch nicht gut, aber darum geht es nicht —, verfügt über die Möglichkeiten, die anderen Spieler in die Enge zu treiben, sie unter Druck zu setzen. Druck ist in erster Linie ein emotionaler. Und in dieser durch Macht herbeigeführten emotionalen Verfasstheit „dürfen“ die Unterlegenen zwischen zwei Optionen wählen. Optionen die sie als wählbar betrachten, werden aber in dieser Situation nicht von den Wählern entwickelt. Was sie in ihrer emotional erfahrenen ausweglosen Situation nicht einmal wahrnehmen können. Es gibt da für diese keine Alternativen.
Macht ist nicht an ein politisches Amt gebunden. Trump hat kein politisches Amt. Auch Bill Gates, Klaus Schwab und George Soros haben kein politisches Amt. Macht haben sie jedoch unbestreitbar, sehr viel Macht sogar, zuviel Macht. Wenn Menschen Macht besitzen, die übrigens eine Machgrundlage voraussetzt, dann werden sie in den Medien wahrgenommen, hofiert oder angegriffen. Aber die Befassung mit den Menschen ist eine Würdigung, eine Anerkennung der Tatsache, dass diese Menschen Macht haben.
Übrigens:
Querdenker werden auch als Macht wahrgenommen. Die Medien zeigen es uns. Sehr schön. Also sollten Querdenker auf keinen Fall Macht um Gefälligkeiten anbetteln, sondern ihre eigene selbstverantwortete Macht wahrnehmen und ausspielen.
Danke George!
Liebe Leser, bitte bleiben Sie schön aufmerksam.
Anmerkungen und Quellen
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